Tolles Erlebnis

Bericht OK-Europameisterschaft Mallorca 2024

von Mathis Vorndran  23.11.2024
Hallo zusammen, ich freue mich, als noch relativ neuer OK-Segler den ersten Bericht beisteuern zu dürfen. Mein Schreibstil ist immer relativ persönlich aber ich versuche bestmöglich das Event allumfänglich zu erfassen.

Das Team:
Nachdem es feststand, dass die Euro 2024 auf Mallorca beim RCNP stattfindet und ich herausgefunden habe, dass ich einigermaßen konkurrenzfähig OK segeln kann, war die Entscheidung schon getroffen. Jochen (aus unsere Dümmer-Flotte) war leider zeitlich verhindert, deswegen hatten Pippo (Philipp Menke) und ich schnell die Idee Niklas (Dahm) noch ins Boot zu holen. Er ist ein sehr guter Europe-Segler und (wie wir finden) auch schon schwer genug für die OK.

Die Logistik:
Und damit stellte sich die Frage, wie wir diese Regatta organisatorisch wuppen. Das Weiteste, das wir drei bis jetzt per Boot gesegelt hatten, waren Gardasee, Barcelona, Belgien und Schweden, wenn wir alle Himmelsrichtungen betrachten. Aber übers Mittelmeer mussten wir bis jetzt noch nicht. Fabians Tipp, mal Ralph-Matthias zu fragen, war Gold wert. Wir entschieden uns also dazu, wie einige andere Segler auch, unsere Boote mit Andreas per Sprinter nach Palma liefern zu lassen. Dann wurden noch schnell Flüge gebucht und das Hotel Costa Azul war nur 10 Gehminuten westlich vom Hafen entfernt. Dreibettzimmer, Balkon, Pool und sogar Sauna waren inklusive und das in einem finanziell vertretbaren Rahmen.

Montag: Vermessung
Die Anreise hat einwandfrei funktioniert und Montag waren Registration und Vermessung an der Tagesordnung. Die Boote standen schon im Hafen bereit. Segel-Check und die Sticker waren schnell erledigt. Ein großer Dank geht noch an Greg, der mir dann noch half, bei meinem zweiten Segel die Nummern von AUS5 auf GER37 um zukleben.

Wind gab es an dem Tag nicht – aber wir hatten noch keine böse Vorahnung. Also aßen wir ein paar leckere Mini-Burger in der Stadt und lernten bei der Bedienung ein wenig spanisch, da sie kein Wort Deutsch oder Englisch sprach. Abends war dann Party-Tour mit der Barca Samba angesagt.

Leider hatten Philipp, Niklas und ich ein paar Stunden vor der Einladung schon Tickets für das Fußballspiel Mallorca vs. Bilbao gekauft. Dementsprechend verbrachten wir den Abend im Stadion und wir hatten eine gute Zeit. Bis auf den Fakt, dass in spanischen Stadien kein Bier mit Alkohol ausgeschenkt wird. Ein Skandal in unseren Augen.

Auf dem Rückweg zu Fuß zum Hotel gabs dann einen Döner und endlich ein Bierchen. Der Weg zum Hotel führte jedoch (wie fast immer) am Shamrock vorbei, wo wir auf Charlie Cumbley, Mario (Neu in der OK -> wurde mit Charlie J70-Weltmeister und fährt hauptberuflich Dickschiff oder designed Segel für Quantum), Lutz und Fabian trafen. Gerade Lutz und Fabian hatten sich auf der Barca Samba schon so gut den Helm lackiert, dass wir auch noch einen Long-Island trinken mussten.

Dienstag: Practice-Race
Am Dienstag war richtig Druck in der Luft – 20 bis 30kn schätzungsweise. Dementsprechend war die Bereitschaft der OK-Flotte fürs Practice-Race eher dürftig. Insgesamt waren es wohl 13 Boote auf dem Wasser. Das Rennen wurde von Luke Deegan gewonnen, Fabian war auch vorne mit dabei. Pippo ist das Rennen ebenfalls komplett gefahren. Ich selbst hatte Probleme mit dem Trimm und den Ausreitgurten. Der Mast stand zu steil und ich bin kaum von der Stelle gekommen. Als dann noch die neuen Bändsel für die Ausreitgurte (leider zu dünn) bei einer Wende durch die Klemme rutschten war klar, dass es ein lehrreicher Tag wird. Niklas und Ich hatten nach der Tonne 2 genug erlebt und nahmen den direkten Weg in den Hafen. Lutz wollte eigentlich auch mitfahren, aber der hatte selbst mittags noch so einen im Tee, dass er sich in der Hafenausfahrt dazu entschied, wieder den Heimweg anzutreten. Aber die Performance am Glas auf der Barca Samba soll wohl außergewöhnlich gewesen sein. Abends gab es dann die Opening-Ceremony mit Bier/Sekt/Wein und ein paar Snackplatten. So far, so good.

 

Mittwoch: 1. Raceday
Mittwoch ging es dann mit 30min Verspätung raus. Es war zu dem Zeitpunkt wohl Wind auf dem Regattakurs. Leider verzog sich der Wind (trotz schlagkräfter Schlepp-Unterstützung der Spanier) auf dem Weg dorthin. Wir warteten noch 2h auf dem Wasser, ob sich die Lage ändert. Aber mehr als ein Sonnenbad bei 25 Grad Sonne war nicht zu holen.

Auf Einlaufbier und Wein war jedoch Verlass. Um den Tag nicht ungenutzt zu lassen, verbrachte ich noch 45min im Fitnessstudio des RCNP und ging anschließend mit Niklas 8km laufen. Abends gab es lecker Essen, wo wir noch auf Greg und die Australier trafen.

 

Donnerstag: Erster richtiger Raceday?
Ja, der erste richtige Raceday. Die Spanier waren anscheinend schockiert, dass es schon um 11:00 losgehen sollte. Aber es sollte sich lohnen. Der Wind kam aus Nordost mit 8-14kn. Es wurden insgesamt drei Rennen gesegelt. Charlie fuhr den Tagessieg ein, dicht gefolgt von Luke. Ich kenterte im ersten Lauf sehr unglücklich und war deswegen nur 71. Mit dem 35. Platz im 2. Rennen und 34. Platz im dritten Rennen, war die Serie aber noch nicht kaputt.

Von unseren Deutschen konnten Sönke, Fabian und Thorsten die Platzierungen fahren. Auf das Einlaufbier war weiterhin Verlass und abends sind wir Pippo, Niklas und Ich noch mit Lutz und Jacky (Lutz‘ Freundin) Essen gegangen. Daraufhin meldete sich Gabriel (DEN99) bei Lutz, wir sollten unbedingt noch in eine „wet and dirty“-Bar kommen. Fabian wollte auch noch dazustoßen. Da am nächsten Tag nicht viel Wind angesagt war, ließen wir uns drauf ein. Und tatsächlich war dieses Etablissement eine Erfahrung. Nur keinesfalls wet and dirty. Das Abaco in Palma ist ein großes Gewölbe, wie in einer Burg. Auf dem Boden lag karrenweise frisches Obst und es wurden Mozart und Beethoven gespielt. Die Drinks (17€ aufwärts) hatten es in sich. Der Whisky Sour schmeckte mehr nach Shot als Cocktail und auch mein Gin Fizz war stark. Aber einmal darauf eingelassen war es sehr cool. Wir hatten eine gute Zeit und freundeten uns noch mit Gabriels sympathischer Freundin an. Fabian schlug dann noch vor, in die Jazzbar nebenan zu gehen. Mark Branagh und seine Frau waren ebenfalls schon da. Auch diese Bar war top und es wurde ein feucht fröhlicher Abend. Abends im Bett wuchs dann der Wunsch nach Startverschiebung.

Freitag: Unwetterwarnung
Dieser Wunsch wurde mehr als erfüllt, da am Freitag aufgrund einer Unwetterwarnung gar nicht gesegelt wurde. Wir sicherten morgens die Boote und frühstückten auf der Club-Terrasse. Die Bocadillos mit Serrano und Manchego waren vorzüglich und mit 5,50€ preislich herausragend. Cappucino gabs natürlich auch. Pippo nutzte den Tag für eine Tour durch die Altstadt. Niklas und ich entschieden uns für einen langen Lauf. 11km für Niklas und 17km für mich, in Zone2 versteht sich. Danach gabs noch 2 Saunagänge und Zeit im Whirlpool – einfach perfekt. Abends gabs Pizza im Restaurant Dadalia. Die war wirklich herausragend. Abends kam dann heftiger Regen mit Gewitter. Wir blieben auf dem Hotelzimmer und schauten Serien.

Samstag: Zweiter richtiger Raceday?
Ging so. Bevor es zur ersten Wettfahrt kam, wurden ausführlich Starts bis Black geübt. In der der folgenden Wettfahrt dann ließ der Wind stark nach. Niklas segelte eine starke Startkreuz über links. Pippo war solide im Mittelfeld. Im Rennen hatte ich jedoch den ein oder anderen F*ck-p: Nach dem ersten Downwind war alles so eng am Lee-Fass, dass ich vergaß, das Schwert wieder ins Mittelmeer zu richten.

Dementsprechend war die Rundung maximal noch Opti-B Niveau und ich selbst mittlerweile so geistig verwirrt, dass ich es schaffte, bei der Wende auf die Layline Bootskontakt mit Mark Jackson herzustellen. Wir wendeten beide parallel, jedoch unterschätzte ich das langsame Wenden-Tempo von Mark und so touchierte mein Bug kurz sein Heck. Zwei Kringel später standen dann alle Boote auf dem Vorwindkurs, aber irgendwie war es doch noch möglich 80 Meter auf den Rest des Feldes gut zu machen. Pippo und ich ersegelten Platz 34 und 33. Niklas stark auf 24. Auch Andreas Pich, Michael Nissen und Rainer Pospiech konnten sich beim leichten Wind nach vorne segeln. Nach dem Rennen wurde diskutiert, ob die Bedingungen überhaupt noch segelbar waren.

Es war wirklich grenzwertig. Aber immerhin war mit vier Läufen zumindest die Meisterschaft im Kasten. Jedoch mit einem neuen Führenden: Luke Deegan aus Neuseeland. Abends war dann Sailor‘s Dinner. Der RCNP servierte Pealla aus kurzen Nudeln und Shrimps. Mit Knoblauchsauce aus der Tube und den Papptellern fiel die Bewertung aber eher bescheiden aus. Mehr Spaß gab es dann bei der Live-Musik mit DJ. Es wurde getanzt und Mark Branagh trug mit Hilfe von Kabeltrommelhalter Sönke die Nebelmaschine über die gesamte Clubterasse. Es wurde viel Bier und Rotwein getrunken. Aber da am nächsten Tag der Start um 11:00 anstand, ging es nicht zu lange.

Sonntag: Schwarzer Tag?!
Die Bedingungen sahen traumhaft aus. Und voller Freude wollte jeder Segler am letzten Tag nochmal einen guten Start aufs Wasser zaubern. Es brauchte 5 Versuche, bis es unter Black die II. ins erste Rennen ging. Für mich persönlich leider nicht, da ich trotz Versteckspielen an der Mitte der Linie, zu weit in Luv gestartet sein soll. Shit happens.

Doch der Wind kippte in diesen Lauf nach rechts und das Rennen wurde abgebrochen. Nachdem der Kurs verlegt wurde hieß es: Neues Rennen, neues Glück. Aber auch dort wollte der Wind nicht mitspielen. Er verschwand erst kurz und kippte in Folge dessen auf Süd. Für mich war zu dem Zeitpunkt klar, dass ich den Heimweg antreten konnte. Leider war der Wind auf dem Weg zurück zum Club traumhaft, sodass ich mental damit abschloss, dass durch ein weiteres abgeschlossenes Rennen mein BFD Platz auf der Ergebnisliste findet.

Aber wie auch immer kam 1 Stunde später das Feld mit hängenden Gesichtern in den Hafen. Ich hätte der bemühten Wettfahrtleitung des RCNP wirklich einen weiteren Lauf gegönnt, aber es sollte nicht sein. Die Siegerehrung im Anschluss fiel kurz und knapp aus. Neuer Europameister ist Luke Deegen, gefolgt von Charlie Cumbley und Niklas Edler. Beste Deutsche waren Sönke Behrens, Fabian Rossbacher und Michael Nissen auf Rang 23, 24 und 26. Jessica Finke konnte sich den Preis für die beste Frau sichern. Niklas und ich belegten in der Juniorenwertung Platz 2 und 1. Mit mehr Konkurrenz hätte man es bestimmt noch mehr genießen können, aber es war trotzdem ein schönes Gefühl.

 

Resümee:
Grundsätzlich war die Meisterschaft für uns drei und ich denke ich spreche für viele weitere Segler, ein tolles Erlebnis. Das Wetter war (wenn der Wind vernachlässigt wird) traumhaft und die Atmosphäre im Club wirklich besonders. Die Bocadillos auf der Terrasse mit Blick auf die Clubswans waren herausragend. Kritik kann man bei der kulinarischen Versorgung des Vereins äußern: Der Pizzaabend, welcher wegen des Unwetters ausfiel, wurde nicht nachgeholt und auch insgesamt haben sich viele Segler bei den finanziellen Möglichkeiten des Clubs das ein oder andere Abendessen mehr erhofft. Immerhin wurde nicht bei Bier und Wein gespart. Logistisch gesehen hieß es im Juli noch, dass Segler, welche beabsichtigen im Winter nochmal nach Palma zu fahren, ihre Boote problemlos kostenlos im Club überwintern lassen könnten. Jedoch wurde Stück für Stück zurückgerudert und am Ende war nur noch eine kostenpflichtige Lagerung der Boote außerhalb des RCNP möglich. Außer, man segele alle zwei Wochen in Palma, was für uns Studenten bzw. ganz frische Absolventen finanziell absolut nicht umsetzbar ist, weswegen wir uns für einen direkten Rücktransport mit Andreas (Mallorca Verano Service) entschieden. Seglerisch hat die Wettfahrtleitung alles gegeben. Lediglich noch frühere Starts am Samstag und Sonntag hätten ggf. ein paar weitere Rennen ermöglicht. Das Wissen über den Trimm wurde bei uns Dümmer-Seglern jedoch wirksam erweitert, sodass wir auch nachhaltig von dieser Meisterschaft profitieren werden.

Alles in allem war es eine tolle Erfahrung und ich freue mich schon auf KiWo, Garda und Warnemünde nächstes Jahr. Die großen Regatten in starken, engen Feldern machen einfach Spaß. Hoffentlich so viel Spaß, dass Niklas mittelfristig nicht mehr das Boot vom Papa ausleihen muss, sondern regelmäßig an den Events teilnehmen kann J

Viele Grüße, Mathis

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