Angst!

Meldeschluss zur Kieler Woche 2015 am 01.06.2015

Von Thorsten Schmidt
..im Bus bei der Telefonzelle, Morgengrauen, es ist nicht der Terrier neben mir, der mich weckt mit Knurren und Fauchen. Der Bus wird durchgeschüttelt vom blanken Hans, der Wind lässt die Angstbäume vor dem Hotel Olympia brausen, sich wegducken vor dem beständigen Heulen und Dröhnen.  Beim Gang zum Frühstück bei Peit der erste bange Blick auf die Förde: Graublau und jede Menge weiße Pferde.  Beim TSVS gibt es nur ein Thema: 25 Knoten sind angesagt, den ganzen Tag. Leise Flüche, banger Blick, alle 5 Minuten wird Windfinder’s  Superforecast gecheckt. Und jetzt? Langsam kriecht kalte Furcht den Rücken hoch. Bin ich nicht zu alt für so ein‘ Scheiß? Halte ich durch, reicht die Kraft? Wie geht’s wohl vor dem Wind und bei den Halsen? Blitzschnell checkt mein Unterbewusstsein alle möglichen Flucht- und Ausweichmöglichkeiten.
Und dann kommt sie mit Macht, die Angst! Es gibt nichts Schlimmeres als die Angst etwas zu verpassen:  Wie schrecklich, alle anderen erleben die tollsten Sachen da draußen und du stehst hier an Land. Alle deine Freunde kommen als Helden der See zurück voll mit Abenteuern und du stehst abseits. Das darf nicht sein!  So furchtbar wird’s schon nicht und wenn schon, jetzt werden die Geschichten geschrieben, die man sich später am Kaminfeuer erzählt.  Also los jetzt…

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..der erste und der zweite Durst ist gelöscht. Spät genug ist es eigentlich auch. Du bist müde, kaputt vom Hängen und jetzt das ganze Bier. Alle Geschichten des Tages sind erzählt, alle strittigen Szenen von verschiedenen Perspektiven beleuchtet, betrunken bist du schon längst.  Wer jetzt noch stehen kann, mit dem kannst du sowieso nicht mithalten, zumindest nicht an der Theke.  Das sind jetzt nur noch die ganz Harten. Wenn du jetzt noch mitgehst in die andere Bar… dabei kann nichts Gutes herauskommen. Sei vernünftig, die Frau deines Lebens kennst du schon und mit was anderem kannst du in deinem Zustand eh‘ nichts mehr anfangen. Geh ins‘  Bett,  alter Mann!
Und dann kommt sie wieder mit Macht, die Angst!  Es gibt nichts Schlimmeres als die Angst etwas zu verpassen: Morgen hörst du von den tolldreisten Abenteuern deiner Kumpane und du warst nicht dabei  im prallen Leben.  Das darf nicht sein. Du lebst nur einmal , wer weiß was morgen ist und so jung…

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…wahrscheinlich schon deine 20. KiWo. Und immer nur hinterher gesegelt. Du bist meist nicht mal annähernd bei den Leuten gewesen.  Wahrscheinlich schon mehr als 20 mal mit allen Hoffnungen angereist, hochmotiviert und dann bist du mit eingezogenem Schwanz wie ein geprügelter Hund vom Hof gejagt worden von irgendwelchen halbprofessionellen Agenten, die mal schnell das Silber abräumen wollen. Warum willst du dir das bloß wieder antun, vor allem weil es gefühlt immer regnet und arschkalt ist. Ewig lang raus zur Bahn und dann hinterher eiern. Nein dieses Jahr kannst du dir das eigentlich mal schenken. Bringt dich auch nicht um, die Lücke im Ok-Lebenslauf.
Und dann kommt sie wieder mit Macht, die Angst! Es gibt nichts Schlimmeres als die Angst etwas zu verpassen: Die berühmte Kieler Woche, die beste OK-Regatta des Jahres, da musst du einfach dabei sein. Seit bestimmt 25 Jahren fährst du dahin und jetzt willst du kneifen? Gerade dieses Jahr sind deine Bedingungen, das Wetter soll phantastisch werden und das Feld so groß wie schon lange nicht mehr. Spaß habt ihr doch immer gehabt und wer weiß was nächstes Mal ist. Also los, melde direkt, dann verdaddelst du nicht aus Versehen den Meldeschluss.  Meldeschluss?

Puuh, noch nicht! Erst am 1. Juni  2015—so ein Glück!

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