Der perfekte Mast-Teil 1

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von Thorsten Schmidt 15.10.2016
Zwischen 1800 und 3000€ kostet aktuell ein nagelneuer OK-Mast aus High-modulus-Carbonfasern. Bei diesen Preisen lohnt sich nicht nur der Vergleich zwischen den verschiedenen Anbietern. Wir als potentielle Käufer wollen ganz sicher sein einen passenden Mast, ja den optimalen, perfekten, schnellsten Mast zu bestellen den wir für unser Geld bekommen können.
Viele Mastenbauer können heute einen Mast auf Anfrage genau so konstruieren, dass er den gewünschten Biegeeigenschaften entspricht. Aber was sind denn gewünschte Biegeeigenschaften? Wie biegt der optimale Mast abhängig von Körpergröße, Gewicht und Fitnesszustand?
Als Maß für die Flexibilität wird üblicherweise die Biegekurve nach hinten und zur Seite gemessen, wenn das Masttopp mit 10kg Gewicht belastet wird. Aus den Biegewerten lassen sich dann die Eigenschaften eines Masts ablesen. Dabei wird die Auslenkung der Mastspitze von der Ausgangsposition unter Belastung als Tip-Wert angegeben, die Werte bei 25-50-75% der Strecke zwischen Messmarke am Lümmelbeschlag und Mastspitze geben den Abstand des belasteten Masts zur Geraden zwischen den Messmarken an. Siehe dazu auch die Skizze.

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Aber welcher Mast passt zu welchem Gewicht, wie soll der Mast optimal biegen und was bedeuten die Zahlen der mitgelieferten Biegekurven wenn ich einen gebrauchten Mast kaufe?
Eine Datenbank mit Biegekurven von Masten erfolgreicher OK-Segler könnte hier eine Entscheidungshilfe bieten, wenn die Daten den jeweiligen Seglern und ihrer Größe/Gewicht zugeordnet werden können.

Die OK-Klasse ist bekannt für Offenheit und Transparenz. Es gibt eine sehr große Bereitschaft Wissen mit jedermann zu teilen und eine geradezu altmodische Kameradschaft untereinander. Werden in anderen Klassen Staatsgeheimnisse aus Material- und Trimmfragen gemacht und an Land schnell die Boote abgedeckt, so gibt es bei den OK-Jollen eine große Hilfsbereitschaft insbesondere auch Neueinsteigern gegenüber. Das alles gehört zur Kultur unserer Klasse und wird permanent bei jedem Training aber auch bei jeder noch so wichtigen Regatta praktiziert. Auch über nationale Grenzen hinweg geben die erfolgreichen und erfahrenen Segler ihr Wissen weiter. So wundert es nicht, dass es ohne große Schwierigkeiten im Rahmen der Sommerregatten 2016 gelang mit einigen ausgewählten Seglern über den optimalen Mast zu sprechen.
In den nächsten Wochen werden die Gesprächsprotokolle in drei Teilen veröffentlicht. Im Anschluss soll eine Datenbank mit Mastbiegekurven etabliert werden, sortiert nach dem Körpergewicht der Segler um Einsteigern eine leichtere Orientierung zu ermöglichen.
Den Anfang macht Greg Wilcox, Weltranglistenzweiter, Ex-Weltmeister und als Segelmacher von Turtle-Sails ständig mit dem Thema befasst.

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Greg Wilcox fotografiert von (c) Ralph Linow

Greg, wie sollte der optimale OK-Mast biegen? Was verraten die Zahlen der Biegekurven nach hinten und seitwärts und für den Tip?
Es gibt so viele verschiedene optimale Masten wie Segler. Eine generelle Antwort auf diese Frage für alle zu finden ist aus meiner Sicht nicht möglich. Dabei geht es nicht nur um die Konstitution des Seglers sondern auch die Art mit der OK zu segeln.
Auch wenn es mir als Segelmacher schwer fällt es zuzugeben: Die Auswahl des richtigen Masts ist für den persönlichen Erfolg viel wichtiger als die des Segels. Optimal ist es natürlich wenn die Biegekurve des Masts im Bereich des Segelvorlieks relativ gleichmäßig verläuft. Das bieten die modernen Carbon-Masten heute eigentlich alle. Heutzutage unterscheiden sich die weichen von den harten Masten nicht im Bereich des Segels in ihrem Biegeverhalten sondern vor allem im Ausmaß der Biegung im unteren Mastbereich also vom Mastfuß bis zum Lümmelbeschlag. Abzulesen ist das vor allem am Messwert für den Tip als Maß für die Gesamtflexibilität .
Dabei sollte die seitliche Biegung dem Körpergewicht und der Fitness angepasst sein, die Biegung nach Vorne/Hinten hängt ganz davon ab welche Art zu segeln der Segler bevorzugt.
Thomas Hanson-Mild, Ex-Weltmeister aus Schweden zum Beispiel bevorzugt im Verhältnis zu seinem Gewicht eher einen weichen Mast, der mehr Eigendynamik in der Welle und bei Böen entwickelt. Thomas segelt an der Kreuz gerne tief und schnell und dann hilft ihm der weiche Mast von ganz alleine durch die Belastungsspitzen und er kann sich darauf konzentrieren das Schiff schnell fahren zu lassen.
Karl Purdie, Ex-Weltmeister aus Neuseeland repräsentiert vielleicht am deutlichsten den Gegenentwurf. Karl, der die neue Generation der Masten bei C-Tech mitentwickelt hat, fuhr einen viel härteren Mast als Thomas. Trotz des relativ flachen Segelprofils im vorderen Bereich entwickelte der härtere Mast sehr viel Druck und Karl konnte deutlich höher segeln. Das erforderte aber, das Karl in den Wellen und bei Böen richtig aktiv arbeiten musste, viel mehr steuern, viel dynamischer hängen und auch mehr mit der Schot arbeiten musste, also deutlich aktiver segeln musste.

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Karl Purdie fotografiert von (c) Pepe Hartmann

Ein im unteren Bereich härterer Mast mit wenig Biegung zur Seite bedeutet mehr Druck, beschleunigt schneller, ist schneller vor dem Wind, passt aber häufig nicht zu der Art wie viele OK-Segler steuern. Die Flexibilität nach hinten ist eher entscheidend für die Vorliekskurve des Segels und wie viel Bauch/Tiefe das Segel haben kann.
Eigentlich kann aus meiner Sicht jeder der modernen Masten schnell gesegelt werden, wenn das Segel zum Mast passt. Der entscheidende Trick ist einen Mast zu finden der zu deiner persönlichen Art zu segeln passt und da hilft dann doch nur: Ausprobieren!