Der perfekte Mast – Teil 3

von Thorsten Schmidt 05.02.2017
Im dritten Teil werden Interviews mit dem Schweden Thomas Hanson-Mild,  Weltmeister von 2009 sowie einer Gruppe von dänischen Seglern wiedergegeben. Bo Petersen, amtierender Europameister, Jens Lauge, dänischer Spitzensegler aus der Trainingsgruppe in Hellerup und Malte Pedersen, Sympathie-Olympiasieger, diskutierten während der Warnemünder Woche 2016 in einer Pause gemeinsam über ihre Ansichten zum optimalen Mast.

 

Ihr Dänen geltet als Trainings-Weltmeister und akribische Tüftler. Aus meiner Sicht seid ihr die Nation, die aktuell die meiste Innovation in die Klasse bringt. Was sagt die geballte dänische Kompetenz zu Masten, Biegekurven und Zahlen?

Die Entwicklung der Carbonmasten folgte bisher zwei verschiedenen Prinzipien. Anfangs versuchten alle eine möglichst gleichmäßige Biegekurve des Masts zu erreichen.  Wir hatten bei den Meßwerten der Kurve in den einzelnen Abschnitten der Biegekurve sehr große Zahlen und diese Masten war sehr schnell vor  allem bei viel Wind.

Die neuen Masten sind im Gegensatz dazu im unteren Bereich sehr weich und biegen im oberen Bereich, also da wo das Segel am Mast sitzt, nur sehr wenig.  Eigentlich biegen die Masten aller dänischen Segler fast gleich, egal ob die Steuerleute leicht oder schwer sind. Alle haben für die Messung bei 25-50-75% des Vorlieks Ergebnisse im Bereich von 70-120mm.  Naja  eine einzige Ausnahme gibt es:  Bo Reker Andersen mit DEN 1 segelt einen Mast der  überall gleichmäßig  biegt,  also nach dem alten Prinzip gebaut ist . Und er ist wirklich schnell bei den meisten Bedingungen. Wie er das macht, darüber rätseln wir in Dänemark auch!

Alle übrigen neuen Masten in Dänemark sind im Bereich des Segels relativ hart, biegen wenig und  die Segel sind deutlich flacher als früher.   Bei der ersten Generation der Carbon-Masten musste man mehr an der Schot ziehen um den Bauch aus dem tiefen Segel kriegen zu können, das Achterliek machte dadurch häufig zu. Heute fahren wir die Masten aufrechter und wenn wir heute an der Schot ziehen passiert im Bereich des Segels kaum etwas. Der Mast biegt und arbeitet unterhalb des Segels und das Profil bleibt fast gleich.

Natürlich gilt, das leichtere Segler einen weichen Mast brauchen und schwerere oder besser trainierte Segler einen härteren Mast fahren können. Den Unterschied kann man aber nicht an der Biegekurve ablesen. Wie schon gesagt, alle Dänen fahren dort mehr oder weniger mit den gleichen Zahlen durch die Gegend. Entscheidend sind  die Tip-Werte.  Diese Werte geben eben die Gesamtbiegung zur Seite und nach hinten an und sind also eigentlich die entscheidenden Zahlen  zur Beurteilung  der Steifigkeit eines Masts

Noch besser wäre, wenn man die tatsächliche Biegung des Masts beim Segeln, nämlich die Resultierende aus den Tip-Werten zur Seite und nach hinten zur Verfügung hätte. Christian  Midgard hat versucht so eine  Modellberechnung  zu machen, um einen Mast  dann mehr oder weniger nur mit einer Kennzahl einordnen  zu können. Es  scheint da aber noch ein wenig Arbeit zu tun zu sein, jedenfalls gibt es bisher keine wirklich befriedigenden Werte und wir werden uns mit der bisherigen Methode mit getrennten Messungen zur Seite und nach hinten weiter behelfen müssen.

Thomas Hanson-Mild

Thomas, Glückwunsch nochmal zum Kieler Woche-Sieg. Wie sieht für dich der perfekte, der optimale OK-Mast aus, wie muss er für dich biegen?

Gut, eine sehr einfach formulierte aber ziemlich schwierig zu beantwortende Frage. Wenn es darauf eine simple oder auch endgültige Antwort gäbe, würden nicht ständig immer wieder neue Masten gebaut werden.  Letztlich kann ich nur für mich persönlich sprechen. Ich wiege  89kg  bei  einer Körpergröße von 174cm und ich bevorzuge eher weiche Masten. Insbesondere nach hinten ist mein Mast weicher als die meisten anderen.

Als Neueinsteiger in die OK-Jolle sollte die erste Frage an sich selbst sein: Was für ein Leistungsniveau als Segler habe ich? Wenn die Antwort lautet : nicht so gut oder eher durchschnittlich, dann sollte das Augenmerk nicht auf dem Mast liegen. Als Einsteiger solltest du lieber mehr Zeit im Boot verbringen, viel segeln um dein Bootshandling zu verbessern. Das ist viel wichtiger als die Frage wie der Mast biegen soll. Gehörst du aber zu den guten Seglern in anderen Bootsklassen und bist nur neu in der OK-Klasse, dann sollte dein Mast zu dir und deinem Gewicht passen und auch das Segel sollte maßgeschneidert zum Mast sein.

Stein der Weisen in der Tasche oder nur Bier in der Hand?

Passend zum Gewicht heißt eigentlich: Die Kombination aus der Biegung zur Seite und nach hinten muss stimmen. Das sollte passen zu dir und deinen physischen Voraussetzungen.  Die Biegung  des Masts nach hinten ist das was du mit deinem Schotzug nutzen und beeinflussen kannst,  mit dem du arbeiten kannst, sozusagen dein Einstellwerkzeug.  Die Biegung zur Seite ist das, was für dich automatisch arbeitet, wenn du mit deinem Körpergewicht den Druck nicht mehr ausgleichen kannst.

Zur Einschätzung der Steifheit eines Masts sind die Tip-Werte entscheidend. Die Nummern für die Biegekurven sind vor allem für den Segelmacher wichtig, weil der die Vorliekskurve, das Profil und der Twist des Segels von diesen Nummern abhängig macht. Ich selbst nutze eigentlich einen Standartmast von C-Tech,  mit einem seitlichen Tip von 230. Allerdings ist mein Mast wie gesagt in der Biegung nach hinten weicher als die meisten anderen Masten von Seglern in meiner Gewichtsklasse.  Der Mast hat einen Tip von 520 nach hinten. Das fühlt sich für mich einfach zur Zeit am besten an. Letztendlich hängt das eben wirklich vom Gefühl  beim Segeln mit einem Mast ab. Deine Art zu segeln muss mit dem Mast deiner Wahl möglich sein und natürlich ist es auch entscheidend ob du viel in Welle segelst oder eher auf flachem Wasser.

Die Entwicklung der OK-Masten ist aus meiner Sicht noch lange nicht abgeschlossen, es werden immer wieder neue Ideen aufkommen und ausprobiert werden und irgendwann fangen wir mit der Entwicklung vielleicht wieder am Ausgangspunkt an. Bis dahin gilt möglichst viel Spaß beim Segeln zu haben und nicht so viel über das Material nachzudenken.