Euro 2006

Europameisterschaft 2006 / Loctudy Frankreich: 23.-28.07.2006

von Thomas Glas 13.08.2006
Prolog

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Ablegen vom Strand

 

Ich sitze hier am Strand, schaue den Surfen beim Wellenreiten in der brausenden Atlantikdünung zu und lasse die Ereignisse der letzten drei Wochen Revue passieren …

Von eben dieser Aussicht auf Wind und Wellen getrieben ist „Team Hamburg“, bestehend aus Sönke, Martin, Olli und meiner Wenigkeit bereits am Dienstag bzw. Mittwoch nach der Warnemünder Woche nach Frankreich aufgebrochen. Die Boote waren uns noch nicht genug Gepäck, so dass auch unsere Fahrräder dran glauben mussten, denn vor der Französischen Meisterschaft, die in der Woche vor der Euro stattfinden sollte, hatten wir noch einige Tage Zeit, die Bretagne per Fahrrad zu erkunden.

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Clubhaus

 

Der ausrichtende Verein erwies sich als eine Art Segelverein mit angeschlossener Segel- und Surfschule. Der erste Kontakt mit den Einheimischen am Club war ernüchternd. Offenbar war man nicht auf eine Regatta vorbereitet – schon gar nicht auf Segler, die kein Französisch sprechen. Damit war das Clubhaus für uns in den nächsten Tagen „No-Go Area“. Wir bezogen den unmittelbar angrenzenden Zwei-Sterne Campingplatz. Vermutlich gab es für jedes Klo einen Stern, naja dafür wars günstig. Von anderen OK-Seglern war zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nichts zu sehen. Die nächsten Tage erkundeten wir die (hügelige) Bretagne per Fahrrad bzw. machten Touriprogramm. Die ganze Zeit herrschte bretagneuntypisch Bombenwetter, allerdings auch kein Wind. So durften die Boote auf dem Hänger weiterschlafen und dienten als Wäscheleinenhalterung. Am Sonntag vor der Französischen waren außer uns nur zwei Dänen (Jörgen und Jesper) sowie Wolfgang Feierabend aufgetaucht. Von Franzosen sowie Wind fehlte weiter jede Spur.

Somit wurde der bereits in den Vortagen ausgearbeitete Plan B aktiviert: Boote zur Tarnung abladen, nicht anmelden und abwarten.

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Tour de Bretagne

 

Montag – erster Wettfahrttag: Wider Erwarten sind doch noch eine Handvoll Franzosen aufgetaucht. Die Sonne knallt wie immer vom blauen Himmel und vom Wind fehlt jede Spur. Also Regenerationstag vom Radfahren. Bedeutet: Strandtag mit Susan und Carsten. Beide sind inzwischen angekommen und nutzen die Zeit vor der Euro zur Erholung bzw. Susan für Ihre Doktorarbeit. Ach ja: Gesegelt wurde auch. Es waren tatsächlich 17 Boote am Start. Unsere Analyse an Land ergab: Es ist mit Strom zu rechnen und die Küste ist verdammt flach mit lauter hübschen Felsen unter der Wasseroberfläche. Bei Ein- und Auslaufen sollte also Vorsicht geboten sein.

Dienstag – zweiter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Programm: Selber Fahrrad fahren und Alpe du Huez gucken. Die von der Reiseleitung (Sönke) vorgegebene Startzeit von 10:00 haben wir in landestypischer Manier bei weitem nicht eingehalten. High Noon – also Start, 70 km bis zur nächsten Kneipe (mit Schatten!) radeln, radfahren gucken und wieder nach Hause gurken. Ob (Segel-)Wettfahrten stattgefunden haben weiss ich nicht mehr. Auf jeden Fall guckt Jörgen uns schon scheel an.

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Hauptstraße Loctudy

 

Mittwoch – dritter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Wir machen Strandtag (mit Fahrrad), es kam keine Wttfahrt zustande. Jörgen: „Ah, die dummen Deuschen sind wieder radfahren.“ Genervt? Wir jedenfalls nicht.

Donnerstag – vierter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Den durch die Reiseleitung herausgegebenen Starttermin von 10 Uhr verpassen wir in gewohnter Manier. Programm: Kleine Rundfahrt um Quimper (nächstgrößerer Ort). Das endet in einer etwas größeren Rundfahrt, da wir uns tändig verfahren. Somit verpassen wir die Tour de France Zielankunft im Fernsehen. Unser Bergkönig ist auf jeden Fall Sönke, besonders wenn er einen Cidre (bretonisches Nationalgetränk) bekommen hat. Ach ja: Die Französische Meisterschaft hat Terry gewonnen. Jörgen bekommt inzwischen vermutlich einen Fön, wenn er den undisziplinierten deutschen Haufen sieht.
Die Euro

Nach einem Ruhetag am Freitag wird es langsam ernst. Vorsorglich sind die Wenigen der anwesenden Franzosen zur Euro abgereist – sind wir denen nicht gut genug? Samstag steht die Vermessung auf dem Programm. Selbige geht problemlos über die Bühne, zumal es die Franzosen nicht so genau nehmen. Den Nachmittag nutzen wir für eine gänzlich ungewohnte Tätigkeit: Segeln. Immerhin gesellt sich zur Sonne auch ein wenig Wind, so dass wir das Revier ein Wenig erkunden können.

luven

Gesegelt wurde auch

 

Am Sonntag findet um 16:00 (man will ja ausschlafen und von Zwölf bis Zwei haben die Franzosen sowieso Mittagspause) das Practice Race statt. Wie schon bei der Französichen Meisterschaft wird der Atlantik bis auf die letzte Ecke ausgenutzt, denn in genau dieser wird gesegelt. Von freiem Wind und hohen Wellen keine Spur, eher so wie die gewohnte Kieler Förde. Immerhin haben wir prima Wind (4Bft). Sönke beweist nicht nur gute Uphill- sondern auch Upwind-Performance und gewinnt die Wettfahrt. Die folgende Opening Ceremony besteht aus einer französichen Ansprache sowie einer Handvoll Chips und einem Becher Billigwein.

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Waschstrasse

 

Montag – erster Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Der für 13:30 angesetzte Start lässt ein ausgedehntes Frühstück zu. Mittags ist wie immer kein Wind, zudem ist Mittagspause, also Startverschiebung. Die Zeit wird für umfangreiche Vermessungs- und Renovierungsarbeiten an den Booten genutzt. Als doch ein wenig Wind aufkommt, wird zur ersten Wettfahrt angeschossen oder besser angetrötet. (Die Tröte ist bei Flaute und genauem Zuhören immerhin 20 m weit zu hören!). Taktik: bei einer Windstärke und Gegenstrom bis auf den nahen Strand fahren, dabei auf Steine, Unkraut sowie ankernde Boote achten, umlegen und mit Überhöhe zur Luvtonne. Offenbar hat die Wettfahrtleitung unsere OKDIA-Constitution nicht gelesen (wie auch – es gibt diese nur in Englisch) und kürzt die Wettfahrt einfach ab. Christian bekommt ob der Nichteinhaltung der OKDIA Rules auch sofort einen Fön. Die folgende Wettfahrt ist zwar flau aber relativ ereignisarm. Obwohl es schon spät ist und der Wind sehr flau ist, wird eine dritte Wettfahrt angeschossen. Es kommt wie es kommen muss: Der Wind pennt ein, setzt auf der Startkreuz von links wieder ein (ach ja: ich war rechts -> Streicher), Jule hat den richtigen Riecher sowie überlegene Geschwindigkeit und gewinnt die Wettfahrt souverän.

Dienstag – zweiter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Der erste Start ist für 12:00 angesetzt, wird jedoch mangels Wind verschoben. Dies beschert uns die nötige Ruhe beim Frühstück, zumal vor Zwei nicht mit Auslaufen zu rechnen ist, schließlich ist heilige Mittagspause. Pünktlich um 14:00 ist dann doch Abfahrt angesagt. Wer nach dem Vortag der Meinung war, dass es schlimmer nicht ging, wird eines besseren belehrt. Um den Schweinefaktor nach oben zu treiben, verlegt die Wettfahrtleitung den Parcours fast in den Hafen von Loctudy (der Atlantik ist schließlich ein wenig klein) und somit in die Einflugschneise der Fischerboote. Pünktlich zum Start wird der Wind weniger, um auf dem ersten Raumgang komplett einzuschlafen. So treiben wir in der Strömung dahin, nur auf den Abbruch wartend. Dieser kommt jedoch nicht. Dafür eine Bahnänderung, die es erlaubt, die Wettfahrt innerhalb des Zeitlimits zu beenden. Ein weiterer Startversuch bleibt uns an diesem Tage erspart. Dafür hat sich nun fast jeder einen dicken Streicher eingefangen, was die Stimmung nicht eben beflügelt.

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Dinner im Chateau

 

Mittwoch – dritter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Das bleibt auch den ganzen Tag so – keine Wettfahrt. Die dringend benötigten Glückshormone holt sich Team Hamburg durch Radfahren. Abends dann das (einzige) gesellschaftliche Highlight der Veranstaltung: Dinner in angenehmer Athmosphäre auf einem nahegelegenen Chateau – sehr nett. Leider war irgend etwas an meinem Essen nicht in Ordnung, es sollte eine kurze Nacht werden.

Donnerstag – vierter Wettfahrttag: leicht bewölkter Himmel und Wind! Alle scharren mit den Hufen und starten ist diesmal pünktlich angesagt. Auch heute findet Segeln aus unerfindlichen Gründen direkt unter Land statt. Bereits vorm Start wird der Wind weniger und unstet, um kurz vorher um 40° zu drehen. Für die Wettfahrtleitung kein Grund, den Start abzuschießen. An der ersten Tonne bin ich fast Letzter und finde mich schon mit meinem zweiten Streicher ab. Doch halt – was ist das? Das Feld fährt zur Lee- statt zur Raumtonne. Diese sichte ich direkt unter Land. Dies bemerkt zur gleichen Zeit auch der Rest des Feldes und die Karten werden neu gemischt. Es folgen zwei Würfelkreuzen, Arne und Darek führen das Feld mit großem Vorsprung an, um dann – verwirrt durch die vielen Motorboote und Tonnen – am Ziel vorbeizufahren! Der erste Tut gilt somit Martin, der diese absolute Knüllerwettfahrt gewinnt. Nach einer ausgedehnten Mittagspausenstartverschiebung blüht uns eine weitere Wettfahrt. Auch diesmal direkt unter Land, jedoch bei auffrischendem Wind. Eine dritte Wettfahrt wird aus unerfindlichen Gründen nicht mehr gestartet.

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German Day

 

Abends hat Hartmann zu einem „German Day“ mit Würstchen, Sauerkraut und Wein eingeladen. Im Laufe des Abends wird uns klar, warum wir so dicht unter Land segeln: Hier kann die Wettfahrtleitung besser Fische fangen. In der Tat scheint sich diese die meiste Zeit mit Angeln zu beschäftigen – sehr professionell. Fest steht: Mann des Tages ist Martin mit zwei Tagessiegen gefolgt von Sönke mit zwei Zweiten Plätzen.

Freitag – letzter Wettfahrttag: Die Sonne knallt vom Himmel, vom Wind keine Spur. Die ersten packen bereits ein, Greg ist wegen familiärer Angelegenheiten frühmorgens nach Neuseeland abgereist. Als ausgelaufen werden soll gibt es allgemeines Kopfschütteln – schon wieder ein Schweinerennen? Denkste! Der letzte Tag beschert uns endlich gute Segelbedingungen: Sonne und Wind. Das reicht für zwei schöne Wettfahrten. Martin fährt das Ding sicher nach Hause und wird Europameister. Auch die restlichen Deutschen haben sich gut geschlagen, fünf unter den ersten Zehn kann sich sehen lassen. Die Prizegiving Ceremony fällt leider schmal aus – außer ein paar Chips und Sekt gibt es nichts. Kein Vergleich zur WM in Dänemark. Kein Wunder, dass sich die meisten schnell vom Acker machen. Ach ja: Jörgen will jetzt mehr Fahrrad fahren, es scheint ja was zu nützen.

Bis demnächst
Euer Haus- und Hofschreiber
Thomas

ergebnisse
1 GER 693 V. ZIMMERMANN Martin 3 8 -11 6 1 1 2 9 150,0000
2 SWE 2767 HANSSON-MILD Thomas -17 3 12 16 3 5 1 1
3 DEN 1348 LINDHARDTSEN Jørgen 15 -19 4 3 10 7 3 3
4 GER 717 GRONHOLZ Olivier 4 5 3 14 16 6 5 -DNS 139,0244
5 GER 731 GLAS Thomas 6 4 -27 11 4 14 6 10 135,3659
6 GER 690 BEHRENS Sönke 14 16 10 -20 2 2 4 8 131,7073
7 POL  1 GAJ Thomasz 1 -27 9 2 21 24 7 13 128,0488
8 GBR 2116 CRAIG Nick 7 1 7 8 5 8 -DNS DNS
9 GER 656 PICH Andreas 9 11 2 12 14 20 18 -DNS 120,7317
10 DEN 1335 JOHANSEN Morgens -22 17 6 10 17 17 16 4
11 GBR 2118 CURTIS Terry 12 12 13 30 -31 9 12 2
12 SWE 99 ELKJAER Hans 8 7 14 21 -24 16 11 14
13 NZL 522 WILCOX Greg 2 2 18 1 26 3 -DNS DNS 106,0976
14 DEN 1347 JOHANSEN Rene -30 20 19 5 22 10 9 11
15 POL 61 STOBINSKY Piotr 13 -24 16 9 6 13 22 17
16 SWE 2763 ENGHOLM Jan-Eric 11 9 22 23 -35 11 17 12
17 GER 699 HOFMANN Juliane 26 13 1 17 8 23 26 -29 91,4634
18 POL 27 KANIA Jakub 24 21 -DNF 25 7 4 15 18
19 GER 688 DAME Dirk 20 22 20 7 -28 22 13 16 84,1463
20 GBR 2107 EDWARDS Mike 10 -34 17 22 27 15 14 15
21 DEN 1340 PETERSEN Jesper 31 10 5 24 -36 26 20 5
22 GER 725 HARTMANN Christian 33 6 26 4 19 27 -BFD 19 73,1707
23 DEN 1330 LYKKE Troels 16 28 15 19 -32 29 8 21
24 SWE 2739 NYSLEDT Jan-Eric 21 15 29 27 30 12 -BFD 7 65,8537
25 GER 539 SASS Carsten 19 29 25 18 23 -31 10 20 62,1951
26 GER 666 HARTMANN Jan 27 -31 8 31 15 28 19 22 58,5366
27 GER 645 LINDEMANN Arne 23 23 -DNF 13 9 19 BFD 25 54,8780
28 DEN 1324 TEGLEIS Bo 28 18 32 34 11 33 -DNS 6
29 BEL 214 VERRIJDT Paul 5 30 21 15 25 25 -BFD DNS 47,5610
30 POL 424 PRZEWOZNY Piotr -36 35 24 32 20 18 21 23
31 FRA 29 MASSERON Noel 18 32 23 33 12 32 -BFD 26
32 POL 24 KRAS Darek 25 36 28 35 13 21 -DNS DNS
33 FRA 1764 LAMARQUE Frederic 29 26 30 28 -37 37 24 27
34 GBR 2007 RICH Anthony 32 25 33 39 18 35 23 -DNS
35 GBR 2104 LOVEGROVE Deryck 34 14 31 29 34 30 -DNS DNS
36 GER 695 GERICKE Dirk 39 37 34 38 29 36 27 24 21,9512
37 POL 46 GORKA Adrian 37 33 36 36 33 34 25 28
38 GBR 2060 PIKE Paul-Stephen 35 40 35 37 39 38 28 30
39 GBR 2083 TURNER Andy 38 41 -DNF 26 38 BFD DNS DNS
40 FRA 1769 RONSIAUX Olivier 41 38 37 DNF 40 39 -DNS DNS
41 GER 728 KATH Karsten 40 39 -DNF 40 DNS DNS DNS DNS 3,6585