Ganz gerade?

Innovative Vorschläge zu Klassenregeln aus Dänemark

von Thorsten Schmidt 26.10.2020
Der Winter kommt! Die Tage werden kürzer! Die meisten Regatten sind gesegelt oder ausgefallen!
Dennoch bleibt die liebste Beschäftigung die gleiche: OK-Segeln!
Was also tun? Am Schiff basteln? Aber da ist alles schon perfekt! Mal wieder den Rumpf polieren? Aber da kannst du dich ja schon drin spiegeln! Die Freunde einladen und über alte Zeiten quatschen? Aber die Geschichten deiner Kumpels kannst du schon mitsprechen und außerdem ist „Corona“! Gibt’s den bei den Wettfahrtregeln was Neues? Nichts wesentliches!

Tja, womit nur den Tag und das Gehirn ausfüllen? Klassenregeln!

Unsere dänischen Freunde stimmen gerade über drei Vorschläge zur Änderung der OK-Klassenregeln ab. Sollten diese Vorschläge von den dänischen OK-Seglern angenommen werden, sollen diese Regeländerungen auch international diskutiert werden und gegebenenfalls der AGM zur Abstimmung vorgelegt werden.

Stefan Myralf, Ex-Laser-Europameister und Schwiegersohn von Segellegende Paul Elvström, möchte gerne die Vorschriften für unser Ruderblatt ändern. Zwar soll die grundsätzliche Form und die Abmessungen des Ruderblatts nicht geändert werden aber der Winkel der angeströmten Fläche zum Spiegel (aktuell mindestens 15° früher sogar 30°) soll frei wählbar sein, also auch 0° betragen können. Die Vorderkante des Ruderblattes wäre dann ganz gerade. Ziel soll eine leichtere Steuerbarkeit der OK-Jolle sein, das Boot soll ausgeglichener am Ruder liegen.  Ob dies wirklich so ist und dadurch das Boot wohlmöglich auch schneller segelt soll bei Tests und auch im Einsatz bei nationalen Regatten in Dänemark herausgefunden werden.

Meine Meinung: Sollten die Segeleigenschaften wie bei der Änderung von 30° auf 15° jetzt mit einem 0°-Grad-Ruder deutlich verbessert werden spricht nur der Umrüstungsdruck und der finanzielle Aufwand gegen eine solche Regeländerung.  Aber ist bei ganz geradem Ruderblatt  die Manövrierfähigkeit/Ruderwirkung wirklich besser?  Wird sie insbesondere bei geringer Fahrt oder aus dem Stand, zum Beispiel am Start, nicht sogar deutlich schlechter? Naja ich habe wenig Ahnung von Physik und Strömung  und lasse mich da gerne belehren.

Des Weiteren wird bei unseren nördlichen Nachbarn darüber abgestimmt, ob weiterhin bei allen OK-Jollen die nationale Bootsnummer am vorderen Schott der Plicht unauslöschbar angebracht werden muss. Das sei nicht sinnvoll wenn das Boot ins Ausland verkauft wird. Die Identifikation des Rumpfes soll in Zukunft nur noch über die blaue World-Sailing-Plakette am hinteren Schott erfolgen.

Meine Meinung: Der Rumpf sollte eindeutig und möglichst für “alle Zeiten” gekennzeichnet sein, so wie mit der Fahrgestellnummer beim Kfz. Die WS-Plakette ist nur aufgeklebt, kann abgezogen werden, verloren gehen oder übermalt werden. Was ist  auf der anderen Seite so schlimm daran bei einem gebrauchten Joller mit z.B. dänischer oder englischer Nummer im Rumpf herumzufahren? Diese Regeländerung halte ich für überflüssig.

Der dritte Vorschlag betrifft das Thema Gewichtskonzentration. Durch die moderne Produktion der Rümpfe  mit Cockpit-Linern werde mehr Gewicht  nahe dem Bootsschwerpunkt konzentriert. Um dies auszugleichen soll es bei traditionell gebauten Booten und Holzbooten erlaubt sein die Position der ersten 2 Kg Ausgleichsgewicht frei zu wählen.

Meine Meinung: Cockpit-Liner werden von einigen Bootsbauern bereits eingesetzt. Es sind extra in einer Form gefertigte Cockpit-Bauteile, die mit Schale und Deck zusammengefügt werden. Nach Aussage einiger Bootsbauer sind solche Einsätze sogar häufig leichter als die sonst übliche traditionelle Bauweise. Dennoch besteht der Verdacht, das eine Gewichtskonzentration mit so einem Einsatz möglich sein kann.
Seit 2018 ist in unseren Klassenregeln eindeutig verankert das auch bei Verwendung von Linern die Rumpfdicke an keiner Stelle um mehr als 10% der sonstigen Wandstärke abweichen darf. Halten sich alle daran brauchen wir keine Sonderregelung.
Das diese Regel mitunter schwer zu kontrollieren ist gilt aber für alle Bauarten und ist kein Grund für einen Generalverdacht oder gar eine Sonderregelung, die die Kontroll-Vermessung noch komplizierter machen würde.  Ich sehe in diesem Fall keinen Änderungsbedarf bei den Regeln sondern eher Innovationsbedarf bei der Messmethode.

Die Dänen haben Recht! Wenn wir im  Moment schon nicht so segeln können wie wir wollen, bietet „das darüber reden“ wenigstens einen gewissen Spaß. Wer also auch mitdiskutieren will und KV- Mitglied ist schickt eine Mail an
schmidt.ok@t-online.de Vielleicht können wir ja einen spannenden Artikel daraus stricken.