Michael macht Murks – Teil 3

Bootsbau-Tagebuch von Michael Nissen

15.03.2021
Die Mastführung im Deck und Mastfuß inklusive Querriegel und Mastsicherung habe ich fertiggestellt. Das sieht nach wenig aus, war aber wegen des Materials eine Mordsarbeit. Ein Bohrer nach dem anderen hat den Geist aufgegeben. Die Erstellung der Mastlöcher war ähnlich dem Schildvortrieb beim Gotthard-Basistunnel. Über Lochsägen hat die Kohlefaser nur gelacht. Zuletzt musste eine Drehbank die Arbeit machen. Insofern eine klare Fehlentscheidung. Mit Acetal (z.B. Delrin) wäre die Verarbeitung leichter gewesen. Das Material gibt es ja auch in Platten und Blöcken zu kaufen und ist obendrein auch noch leichter…

Auf jeden Fall ist diese Mastführung absolut “schusssicher”! Vielleicht habe ich da ja noch ein Trauma zu überwinden: In der vorletzten Regatta der WM 1977 flog mir auf der Vormwindstrecke meine Mastdecksführung um die Ohren und mit einem frei fliegenden Mast im Mastloch ist schlecht um die Entscheidung segeln…..

22.03.2021
Ich bin gerade bei Osnabrück in der Firma Hinrichs Licht und Druck bei Birger Blaschke und halte das erste Stück meiner neuen Ok Jolle in den Händen. Birger hat selbst in seiner Jugend OK gesegelt und plant auch einen Eigenbau!
Nachdem er von meinen Schwierigkeiten mit dem Fräsen erfahren hatte, meldete er sich am vergangenen Dienstag  und bot mir seine Hilfe an. Dann ging alles sehr schnell. Die Firma Hinrichs Licht und Druck hat zwei Fräsen, arbeitet vorwiegend im Messebau und hat wegen Corona freie Kapazitäten. Nach zwei Probeläufen war klar: Die können das ohne Datenumwandlung. Birger und ich haben dann einen Frästermin für Montag dieser Woche vereinbart.

24.03.2021
Ich habe mir den Bus unser Jugendabteilung geliehen, das Sperrholz verladen und mich am Sonntag nach Wiesbaden auf den Weg gemacht (ein bevorstehender Lockdown saß mir gedanklich im Nacken).

Das Holz ging gerade so in den VW Bus.

Die Firma ist ein Riesenladen mit 7 Werkshallen

Hilfsbereit und kompetent: Das Fräs-Team

Birger bei der Qualitätskontrolle

Nach dem Verladen: das obligatorische Selfie mit Birger und “liegender” OK im Hintergrund

Am Sonntag bin ich also von Tutzing nach Wiesbaden aufgebrochen, von dort am Montag um 5.30Uhr in der Früh los Richtung Osnabrück. Von 10.00-14.00 Uhr wurde gefräst. Alle bei der Firma Hinrichs waren extrem hilfsbereit und kompetent und so klappte das Ganze reibungslos. Danach gings zurück nach Wiesbaden und am Dienstag zurück nach Tutzing. Das Projekt läuft ja unter dem Motto das die Vernunft nicht siegen soll…

Am Dienstag Nachmittag liegen die Teile dann ausgebreitet in der Garage. Das helle Holz ist die Helling (Jig). Links an der Wand stehen Vor- und Achterdeck sowie die Schotten. Auf dem Tisch liegen die Planken. Die müssen noch geschäftet werden. Im Pappkarton rechts die Kleinteile…

Die gefrästen Teile sind ja nicht nummeriert und es gibt keine Bauanleitung, wie das ganze zusammengehört. Aber wer Wilhelmshavener Modellbaubögen, Revel Flugzeuge und Faller Häuser geliebt hat, der kommt auch damit zurecht. Manchmal muss man eben auch nachdenken.

26.03.2021
Am Mittwoch habe ich dann ein bisschen auf die Tube gedrückt und die Helling an den Schnittstellen geschliffen und zusammengesteckt. Das sieht jetzt nach mehr aus als es ist. Das Ganze nehme ich wieder auseinander und vermesse es noch. Aber immerhin es passt zusammen.

Die nächsten Schritte sind jetzt:

1. Vermessung der Helling/Jig (Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser). Hierbei kommt es mir auf die Bestandsaufnahme und Ausrichtung in drei Punkten an:

  • Rundung im vorderen Teil des Bootes. Möchte ich die Rundung erhöhen?
  • Länge des Bootes und Bugform. Ich möchte ein maximal langes Boot mit einer langen Wasserlinie. Dabei ist die Vermessung der Bugform zu beachten.
  • Höhe des Bootes. Vorn und hinten sollte das Boot minimal hoch sein wegen des Gewichts und in der Mitte maximal hoch, damit der Hintern aus dem Wasser kommt. Wenn man das Boot vorn minimal hoch macht, wird es auch kürzer. Dann kann man die Wasserlinie wieder länger machen! Krümel fegen eben.

2. Finales Aufstellen der Helling. Sie muss vor-achterlich und seitlich waagerecht stehen und sollte insgesamt etwas höher kommen, damit die Arbeit bequemer wird.

3. Parallel dazu müssen die vier Planken geschäftet und auf den Einbau vorbereitet werden.

 

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