Noch ein Reisebericht

Segelentzug Winter 2025

von Stefan Hoffmann 22.02.2025
Direkt nach der IDM war für mich die Saison auch schon zu Ende. Die Arbeit rief und ich musste kurzfristig nach Singapur und kam erst kurz vor Weihnachten wieder zurück. Immerhin konnte ich das Gym im Hotel intensiv nutzen und aus einer kleinen Bank und meinem Koffergurt eine improvisierte Hängebank basteln.

Abbildung 1 Lächeln und nix anmerken lassen.

Wie es diese Auslandseinsätze so mit sich bringen, hatte sich ein großer Berg Überstunden angesammelt in den 3 Monaten und so hieß es für den ganzen Januar frei durch Stundenabbau. Da wird einem natürlich schnell mal langweilig, wenn man die Hanteln schon ein paar Mal von links nach rechts gerollt hat und immer nur die Tapete anstarrt auf der Hängebank. Meine Frau fragt  schon ob ich vielleicht mal richtig trainieren will oder bleibt das jetzt bei Trockenübungen diesen Winter?

Abbildung 2 Trostlose Trockenübungen

 

Mein Trainingspartner hat sich ein neues Boot gegönnt und muss es erst herrichten. Für ein gemeinsames Training im Januar auf dem Gardasee wird das nicht rechtzeitig fertig.

Abbildung 3 Die Flotte Starnberg hat aufgerüstet

Mir kam in den Sinn, dass Fabian mir mal angeboten hat mit ihm im Winter in Palma zu trainieren. Kurz nachgefragt und 5 Minuten später war klar, da steht ein Boot bereit, es ist ein Zimmer frei, die Trainingspartner haben Zeit und am Samstag ist sogar eine Regatta aus der Winterserie. Schnell Flüge gebucht und ab dafür. Dienstag will ich anreisen und gleich vom Flughafen zum Segeln und Samstagabend um 19:00 nach der Regatta zurück.

Schon am Tag vor dem Abflug war klar, es gibt richtig Wind. Der Flieger kommt schon kaum gerade auf die Piste runter und in der Bucht von Palma weht es mit 30kn auflandig. Wir sind dann auf die andere Seite der Insel in den ablandigen Wind gefahren und haben mal was Neues ausprobiert. Die örtliche Surfschule hatte Zeit wir haben mal eine Runde Wing-Surfen versucht. Toller Sport und mit etwas Segelerfahrung auch halbwegs zu erlernen. Nach 2 Stunden konnten wir auch schon mal ein Stück geradeaus fahren und sogar mal eine Halse probieren.

Mittwoch blies es immer noch kräftig mit 24-28kn auflandig, aber Tim hatte Zeit für eine Trainingssession und für Irgendetwas muss das ganze Training ja auch mal gut sein. Ich bekam noch eine schnelle Einweisung in Fabians Zweitboot, ein schickes grau/blaues Ovington mit recht hartem Ceilidh Mast und einer großen Auswahl an Segeln. „Angeschlagen ist ein Green 4cc und in den Säcken sind noch ein 6cc, ein Quantum und ein Turtle“, sagte Fabian. Da muss ich nicht lange überlegen oder Segel wechseln, das nehme ich wie es dasteht. Immerhin habe ich selbst ein 4cc daheim und damit bis jetzt sehr gute Erfahrungen.

Kurz rein in die Neoprenpelle, noch mit Tim und Fabian einen Plan gemacht und rein mit dem Kahn in das Mittelmeer. Die Bedingungen sind traumhaft, ich bin topfit, bin hochmotiviert und bin überhaupt nicht zurechtgekommen??? Traveller, Großschotblock, Hängegurt, Schwertverstellung, wenden, hängen… alles fühlt sich komplett anders an als in meinem Boot und ich bin nur am hin und her eiern und kann kaum mal 50m schnell geradeaus fahren. Ständig verpasse ich den Anschluss, habe zu viel Abstand, wende zu spät oder werde nach 20 Sekunden abgehängt. Es ist einfach zu viel Druck im Boot und ich bin in einer Tour überfordert. Wie können sich 2 Boote mit dem gleichen Segel nur so unterschiedlich anfühlen? Kann man in 3 Monaten derart das Segeln verlernen? Nach einer quälenden Stunde Kreuz bei immer stärker werdendem Wind hieß es irgendwann endlich zurück vor dem Wind. Beim Abfallen merke ich, dass man den Baumniederholer nicht dicht nehmen kann, und es wirft mich erst mal mit vollem Schwung aus dem Boot. Kappe weg, Sonnenbrille weg, Schienbein angeschlagen… die Stimmung sinkt so langsam. Tim fragt Fabian, ob er sich sicher ist, dass der Typ wirklich segeln kann? Beim Aufrichten sehe ich, dass ein größeres Dreieck aus dem Schwert rausgebrochen ist und quer zur Abrisskannte absteht. Hält das noch? Kann ich mich da dranhängen? Äußerst vorsichtig richte ich das Boot wieder auf, es dauert ewig. Der Hafen ist am Horizont, ich habe keinen Baumniederholer, keine Kraft mehr, die Welle ist riesig und der Wind wird immer mehr.

Irgendwie rette ich mich ohne weitere Kenterung in den Hafen. Ich bin völlig fertig und komplett desillusioniert, was für ein Tag

Abbildung 4 Abendstimmung im Hafen von Palma, da kann man nicht jammern.

In den nächsten Tagen passe ich ein bisschen das Boot an mich und mich an das Boot an, wir flicken das Schwert, ich kürze den Strecker vom Baumniederholer und siehe da, ich werde immer schneller mit dem Setup. Teilweise erlebe ich sogar ein paar Sternstunden. Dieses flache 4cc läuft einfach, ich wusste es!

Nach einer intensiven Woche mit super Wind erwartet uns am Regattatag natürlich Flaute und Regen. Ich bin trotzdem top motiviert, kalt, Regen und ablandiger Wind sind genau mein Ding. Beim Einsegeln merke ich schon, dass ein paar der 17 OK Segler am Start verdammt schnell bei Leichtwind sind. Der Wind pendelt mit Drehern von locker 30° und Intervallen von 5-8 Minuten meiner Beobachtung nach und kommt so grob aus Nordost aus Richtung Arenal. In der Startvorbereitung der vor uns startenden Snipes frischt es auf und dreht kräftig nach rechts. Die braten nach dem Start natürlich alle nach rechts und die Sache sieht eindeutig aus. In unserer Startvorbereitung steht der Wind immer noch rechts und das Startschiff ist kräftig bevorteilt. Es rudelt sich auch schon Minuten vorher mächtig ganz rechts an der Startlinie. Ich bin mir uneins, schon zu oft habe ich mich zu früh festgelegt. Man sieht die ersten Snipes schon wieder zurückwenden und ich entscheide mich unter dem Pulk loszufahren und auf den Rückdreher zu setzten. Der Start läuft super und die Kiste rennt wie Hölle, da vorne in den Strich fährst du noch rein und dann wendest du. Sekunden nach der Wende kippt der Wind zurück nach Links, ich bin auf und davon und brauch die Führung nur noch entspannt nach Hause schaukeln. Danach ist der Wind komplett weg, es bleibt bei einem Rennen. Auf dem Weg heim durch den Hafen von Palma denke ich mir noch, merk dir mal die Produktionsnummer von diesem besonders schönen flachen Segel, so schnell warst du noch nie. Ich lese die ersten Zahlen im Achterliek und muss laut lachen. Gleich als erstes steht da 6cc! Also nicht das flachere sondern das vollere Modell. Ich bin die ganze Woche mit einem anderen Segel gefahren als gedacht und hab mir Wunder was eingebildet. Da sieht man mal, wie schnell man sich was einredet, alles Kopfsache.

Die Woche endet mit Pizza und ein paar Bier in einer super netten Runde internationaler OK-Segler. Unglaublich was die Flotte da auf die Beine gestellt hat. Man kann der Truppe von Woche zu Woche förmlich beim Wachsen zuschauen. Einen riesigen Dank an Fabian und die gesamte Gruppe in Palma, ich komme wieder.