Aus für die Kehrein

Halterner Traditionsregatta nicht mehr im Kalender

von Thorsten Schmidt 16.02.2025
Bei der Planung für das hoffentlich bald kommende Segel-Frühjahr ist es mir aufgefallen: Die Kehrein-Regatta in Haltern fehlt im Veranstaltungskalender!
Was ist da los? Wurde die Regatta schlicht im Kalender vergessen?
Auf Nachfrage bei Heinz Ridder, der ja fleißig wie eine Biene für uns seit vielen Jahren die Termine mit den Veranstaltern abspricht und die Regatten der Saison im Kalender zusammenträgt, wurde schnell klar: Es ist kein Versehen, die Kehrein-Regatta in Haltern fällt dieses Jahr aus organisatorischen Gründen aus!

Die Kehrein-Regatta war immer die kleinere der beiden Events auf dem Halterner Stausee. Dennoch war sie seit Jahrzehnten zumindest bei der NRW-Flotte äußerst beliebt und häufig genug startete mit dieser Regatta die neue Segelsaison.
Für mich hatte diese Regatta immer eine besondere Bedeutung: Auf der Boot Düsseldorf irgendwann Anfang der 80er hatten mein Freund Georg und ich uns nach unserer Jugendzeit im Vaurien nach einem neuen Boot zum Regattasegeln umgeschaut. Nach dem Besuch des Messestands war klar, eine OK-Jolle, die könnte es in Zukunft für uns sein!  Und so machten wir uns einige Wochen später auf zur Kehrein nach Haltern um Boote und Leute  bei einer Regatta in Augenschein zu nehmen. Es war nichts weniger als ein neues Universum, was sich da auftat für uns. Unvergessen blieben mir, dem braven Abiturienten vom Dorf, diese wilden, unangepassten Gestalten, alle mindestens Weltbürger, Bohemians und Freigeister, im Begriff nichts weniger als die Welt zu revolutionieren.  In meinen Augen waren das alles internationale Spitzensportler mit den heißesten Sportgeräten. Sogar die merkwürdig-schrägen Bootsnamen machten Eindruck auf mich. So wie die wollte ich auch sein! Die Kehrein war der entscheidende erste Kontakt mit der Bootsklasse, der ich seitdem verfallen bin.

Und jetzt, Jahrzehnte später soll Schluss sein mit dem Spaß aus „organisatorischen Gründen“? Kann das denn sein?
Ich musste den Insider für Haltern kontaktieren, Jörg Rademacher!

Wer den „Aal“ kennt, weiß, es ist nicht einfach mit ihm überhaupt ein sinnvolles Gespräch zu führen, erst recht nicht, wenn es um existentielle Fragen geht. Und so waberte unser Gespräch zwischen Schalke und Köln, selbstverständlich zweitklassig, durch den Äther. Konkret nachgefragt nach der Kehrein-Regatta äußerte er sich zunächst vage und rettete sich in Allgemeinplätze: „Der Wasserstand sei im Frühjahr bösartig unpassend, der Klimawandel spreche eindeutig gegen die Durchführung und auch die neue US-Administration übe enormen Druck aus.  Außerdem sei er noch nicht in Form, das Wintertraining sei nicht so gelaufen wie gewünscht und der Bagger der Gelsenwasser liege diesmal wirklich ganz unglücklich und dann die Blaualge..!“

Alles das war so grausam wie vorhersehbar, aber am Ende rückte Jörg doch noch mit der Wahrheit heraus: Der Segel-Club Stevertalsperre geht sozusagen auf dem Zahnfleisch und braucht eine Pause!

Die letzten Jahre waren für den SCST, Heimat von 95% aller OK-Segler am See, mehr als herausfordernd. Unter enormen Kraftanstrengungen des Vereins gelang vor einigen Jahren der Umzug auf das neu zugewiesene Gelände hoch über dem Seeufer des Halterner Stausees. In Eigenleistung wurde ein beeindruckender Schrägaufzug erstellt, der den Sattelplatz für die Boote mit dem See verbindet. Fortlaufend wurde am neuen Clubhaus gearbeitet und inzwischen hat der SCST sich selbst eine tolle Infrastruktur erschaffen. Gestählt durch Horden von zweimal im Jahr einfallenden OK-Seglern konnte den Verein scheinbar kaum noch etwas erschüttern.

Grundvoraussetzung für diesen Parforceritt der letzten Jahre war das über das normale Maß hinausgehende, persönliche Engagement der Mitglieder. Hier gibt es eine der besten Wettfahrtleitungen weit und breit und die legendäre Catering- und Partymaschine kann scheinbar auf Knopfdruck angeworfen werden. Die sprichwörtliche Herzlichkeit der Menschen im Ruhrgebiet, die Begeisterung für den Segelsport, die Freude am gemeinsamen Feiern sorgen dafür, dass die Regatten beim SCST seit Jahrzehnten zu den beliebtesten und bestbesuchten Veranstaltungen gehören. 

Der Kern dieser hochengagierten Menschen beim SCST, die dem Segelsport und auch unserer Klasse verfallen sind,  hat in den letzten Jahren bis zur Selbstaufgabe für den Verein gearbeitet und braucht verständlicherweise jetzt einfach mal eine Pause.  

Sicher auch im Namen vieler anderer OK-Segler möchte ich mich beim Segel-Club Stevertalsperre e.V. ganz herzlich bedanken für die vielen schönen Erlebnisse und sogar legendären Wochenenden in den letzten Jahrzehnten. Die Kehrausregatta im Herbst wird dann wieder mit Volldampf und großer Freude vom SCST für uns organisiert werden und ich freue mich jetzt schon darauf.