Michael macht Murks – Teil 1

Bootsbau-Tagebuch von Michael Nissen

27.02.2021
Michael Nissen gehört zur ersten Generation der OK-Segler in Deutschland, zu den “Rockstars” des Segelns. Bereits in den frühen 70ern segelte er mit den Brüdern Jungblut, Alexander Hagen, Michael Schmidt, Philipp Pudenz und Rolf Vrolijk um die Wette und war schnell ganz vorne zunächst in Deutschland, dann auch international (2. Platz bei der Euro 1974, 3. Platz bei der WM 76 + 77). Nach seinem Umstieg in das Finn gehörte er auch dort sehr bald zur Spitze und wurde 1982 Deutscher Meister.
Das alles ist schon lange her, aber Michael “Murks” Nissen hat nie wirklich aufgehört sportlich zu segeln und war dabei in verschiedenen Klassen immer erfolgreich. In den letzten Jahren war er in der Laser-Masters-Szene mit Helden wie Wolfgang Gerz und Roger Schulz auf der Bahn unterwegs und konnte 2017 sogar Laser-Weltmeister bei den Great-Grand-Masters werden.

Jetzt kommt Michael wieder zurück in die OK-Klasse.  Er plant den Selbstbau einer OK-Jolle nach den Plänen von Dan Leech und wird über die laufende Entwicklung auf unserer Homepage berichten. Und so ging’s los vor einigen Tagen:

Michael:
Der Artikel über die ‘Pure Vernunft’ hat den letzten Tropfen in das Fass gebracht. Ich habe mir jetzt die CNC-Files von Dan Leech bestellt und gestern erhalten. Die Sache läuft also. Ich plane ca. Ende Mai fertig zu sein und an der Kieler Woche teilzunehmen.
Ich könnte über den Bau so etwa jede Woche ein paar Zeilen schreiben und mit Fotos untermauern, falls Interesse dafür besteht. Wie siehst du das? Ich würde gern auch einen Kontakt zu Wilhelm Kath haben, um mögliche Probleme beim Bau besprechen zu können.

Thorsten:
Greg Wilcox hat mir bereits erzählt, dass „Murks“ Nissen, OK-Held aus vergangenen Tagen und Laser-Masters-Seriensieger den Wiedereinstieg plant.
Willkommen zurück in deiner alten Klasse!
Ich hoffe wir sehen uns demnächst persönlich, -spätestens auf der Kieler Woche oder bei der WM am Gardasee.
Jetzt hast du also die Baupläne und auch noch die tolle Idee den Bau des eigenen Jollers zu dokumentieren und auf der Homepage zu veröffentlichen. Ich bin geradezu begeistert von deinem Vorschlag, das machen wir!

Michael:
Die Sache läuft langsam an. Der Projektname/Bootsname steht fest: “Der letzte Murks”. Bisher habe ich die Fräs-Files von Leech bekommen und einem Fräser weitergeleitet, der fast schon mit dem Kopf genickt hat. Das sollte aber in Ordnung gehen. Das Bootsbausperrholz (6 und 4mm) ist bestellt und wird in der kommenden Woche geliefert.
Das Sperrholz für die Helling (18mm, 11-schichtig) habe ich heute im Fachhandel gekauft. Als sparsamer Mensch habe ich es vorher im Baumarkt versucht, aber nach einer Internetbestellung nur minderwertige Qualität bekommen. Wenn die Form schon aus schlechtem Holz ist, kann das Boot nicht gut werden. Ich empfehle jedem Selbstbauer sich diese Enttäuschung zu ersparen.
Anbei auch ein Foto von der Garage/Bootswerft. Da war noch nie ein Auto drin, war immer reserviert für das Spielzeug. Das Bild zeigt: es ist noch viel Arbeit bevor die Arbeit beginnen kann.

Morgen fahre ich nach Potsdam, um mich von einem sehr erfolgreichen und erfahrenen OK-Segelmacher beraten zu lassen und meinen Kenntnisstand aufzufrischen.
Ich hoffe, dass bis Ende der kommenden Woche die Fräsung Geschichte ist und die Sache Fahrt aufnimmt…
Meine Rechnung von Dan Leech war, bedingt durch meine Sonderwünsche, etwas höher als von Dir angekündigt. Ich werde das Vor-und Achterdeck aus einem Stück aufbringen. Das erforderte eine Änderung der CNC-Files. Ich will das Deck natur lackieren, der Rumpf wird weiß. Deswegen habe ich mich für das teurere Messerfurnier im Vergleich zum Schälfurnier entschieden. Das erforderte wiederum die Schnittstücke auf einer Sperrholzplatte neu zu sortieren.
Das horizontale Seitendeck wird 12 cm breit (plus die 3,5 cm von der Scheuerleiste) und folgt der geraden Verbindung der Sheerlines backbord und steuerbord. Von da knickt das Innenstück ab auf die erlaubten 8 cm unter der Verbindungslinie und auf die maximal erlaubte Breite von 24cm. Das wird ein Seitendeck ergeben, dass dem von dem ‘Strandberg’-Boot ähnlich ist. Es sollte ein Ausreiten mit einem größeren Kniewinkel ermöglichen.

Thorsten:
Vielen Dank  für Text und Bild. Ich werde am kommenden Wochenende damit den ersten Teil  veröffentlichen unter dem Arbeitstitel „Michael macht Murks-Teil 1“ (wenn du einverstanden bist).  Hast du vielleicht noch irgendwo ein Foto von dir aus den alten OK-Tagen?   Ansonsten bin ich schon ganz gespannt auf deine weiteren Fortschritte und hoffe du machst viele Bilder. Grüße an Greg.

Michael:
Der Titel ist ok. Anbei drei Fotos. Das erste ist von 1967 auf der Kieler Frühjahrsregatta (oben im Text), das zweite ist von 1971 während der WM in Kiel. Gepumpt wurde auch damals…. und auf dem dritten bin ich der mürrisch schauende, links mit dem wallenden Haupthaar…auch das Foto ist von der WM in Kiel 1971.

Michael:
Anbei ein paar Fotos von meinem gestrigen Besuch in Potsdam.
Wir haben vier Stunden lang diskutiert über Beschläge, Strecker, Rumpfformen, Masten, Segel, Foils. Ein super Tag mit Greg als einem geduldigen, äußerst kenntnisreichen und rundherum sympathischen Gesprächspartner.

Ich konnte dabei auch Gregs neues Boot im Detail anschauen. Viele schicke Details, überall Loops und Verschlingungen, keine Schäkel. Und der Rumpf hat eine echt radikale Form vorwärts von Station 3: Fast 30mm Rundung, aber U-förmig, das heißt die Seiten sind gerade und die Rundung ist unten an der Kielsohle. Das kann man in Holz nicht bauen!

Thorsten:
Mit Greg hast du wirklich einen absoluten Experten rund um die OK-Jolle gefunden, der auch gerne sein Wissen teilt.
Wegen der Rumpfform deines Schiffes würde ich mir gar keine Sorgen machen. Die Dan-Leech-Boote beweisen unter dem richtigen Hintern seit Jahren wie schnell dieses Design ist.
Also, weiterhin viel Spaß beim Planen, ich freue mich schon auf deine nächsten Berichte.