Michael macht Murks – Teil 9

Bootsbau-Tagebuch von Michael Nissen

01.05.2021
Nach vielen Diskussionen über die Intarsienarbeiten, die jetzt am Achterdeck und an den Seitendecks notwendig werden, habe ich mich für die Eiche entschieden. Insofern wurde nach dem alten Alchemisten-Prinzip verfahren: aus Schei… Gold machen! Und bitte: wir haben die Einlage etwas breiter geschnitten, um sie verleimbar zu machen. So groß war mein Fehler dann auch nicht.
Das Achterdeck ist montiert!

Die Scheuerleisten und Hängeleisten sind zugeschnitten. Die Scheuerleisten werden aus Teak am Boot aus zwei Lagen 8x16mm quasi formverleimt am Bootsrumpf. Einzeln biegt sich das leichter. Die Endgröße wird dann 16×16 und wird noch abgerundet. Für die Hängeleisten am Cockpit sind je vier Leisten 8,5x40mm Teak vorgesehen, die auch am Boot zur endgültigen Dicke von 35mm schichtverleimt werden. Dabei werde ich eine Plastikfolie unterlegen, so dass das fertig verleimte, vierschichtige Holz wieder abgenommen und unabhängig vom Boot in die gewünschte Form gehobelt werden kann. Erst dann werden die Hänge- und Scheuerleisten endgültig mit dem Boot verklebt. Und das ist erst nach dem Glasfaserüberzug der Außenhaut.

Leider hat es sich ergeben, dass die Zusammenarbeit mit dem Bootsbauer bei der Herstellung des Ruders und des Schwertes nicht geklappt hat. Material ist schon da, aber ohne Unterstützung möchte ich das nicht allein angeben. Ich habe mich daher entschlossen, den Eigenbau zu verschieben und zunächst Schwert und Ruder bei Karsten Kraus zu kaufen.

 

03.05.2021
Ich habe die OK Jolle als sehr luvgierig in Erinnerung. Ein Boot, das fast ausgeglichen auf dem Ruder liegt, halte ich für am schnellsten. Das heißt, ich möchte möglichst alle Elemente minimieren, die Luvgierigkeit erzeugen. Die Luvgierigkeit wird weniger, wenn der Mast nach vorn geht, Schwert und Ruderblatt nach hinten, das Schwert kleiner oder das Ruder größer wird.

Dabei ist aber Ruderdruck vom Ruderausschlag zu unterscheiden. Die OK Jolle hat ein nach hinten ausgestelltes Ruder, früher 30 Grad , heute 15 Grad. Das erzeugt wegen der Hebelverhältnisse einen meist starken Ruderdruck. Wir müssen wir mit der Pinne gegenhalten. Je weiter die Ruderfläche von der Drehachse der Ruderbeschläge nach hinten entfernt ist, je größer wird der Ruderdruck und das bei gleichem Lateraldruck/Luvgierigkeit. Luvgierigkeit wird durch Ruderausschlag mit Lenkwirkung ausgeglichen. (Ein bisschen Ruderausschlag/Luvgierigkeit sollte man am Wind immer haben, nur dann entsteht Lift/Auftrieb am Ruder).

Ich habe schon einmal gelesen, dass die Luvgierigkeit vermindert wird, wenn man das OK-Ruderblatt unten nach vorn neigt. Zum Beispiel durch die erlaubten 5mm Unterschied bei den Ruderbeschlägen. Das ist meiner Meinung nach Unsinn. Damit wird nur der Ruderdruck gemindert ((Hebelverhältnisse verbessert). Die Luvgierigkeit nimmt hingegen zu, wenn das Ruderblatt mit seiner Fläche nach vorn bewegt wird (s.o.).

Der Spiegel kann auch um 12mm geneigt werden. Wenn man den Spiegel unten nach vorn bringt, könnte man den Ruderdruck weiter mindern. Hinsichtlich der Luvgierigkeit gilt obiges. Und wenn man das Ruder immer weiter unten nach vorn neigt, kann man auch nicht mehr so gut wriggen, wann das auch immer notwendig sein sollte….

Spaßeshalber kann man auch darüber nachdenken, den Spiegel oben nach vorn zu neigen. Man hätt eine ca. 6mm “Scheibe Boot” an Gewicht weniger. Das ist doch was. Und die Ruderneigung kann über die Beschläge ausgleichen. In der Helling von meinem Boot ist der Spiegel aber nach hinten geneigt. Das Ruder geht also unten nach vorn. Eine Änderung ist mir zu kompliziert.

Interessant ist auch, dass das Ruderblatt viel zu groß ist. Ein Laser hat bei ungefähr gleichen Größenverhältnissen ca. die Hälfte der Ruderfläche. Und benetzte Fläche bremst! Man kann von der vorgegebenen Form um +/- 5mm abweichen und die Fläche damit verkleinern (und durch schräge Platzierung die Ruderfläche nach vorn verlagern). Viel mehr aber erlaubt Regel C.7.4: Die Ecke vorn am Ruder soll in Nullposition auf der Höhe Ecke Spiegel/Boden positioniert sein. Für diese Position gibt es eine Toleranz von sage und schreibe +/- 5cm!! Und am Ruderkopf oben darf man ja kürzen. Ich weiß nicht, ob es solche Minimumruder gibt. Interessant wäre es schon. Aber es macht das Boot luvgieriger und verstößt damit gegen Regel 1. Dennoch werde ich ein wenig in diese Richtung gehen.

Insgesamt ist das natürlich Krümel fegen. Aber ich hoffe, ich bringe soviel Krümel zusammen, dass daraus am Ende eine Scheibe Brot wird. In der nächsten schlaflosen Nacht denk ich mal an das Schwert..

 

05.05.2021
Juchu, die Schwimmnudeln sind angekommen. Ich wollte ja erst Styropor als Auftriebskörper verwenden, aber das ist ja strenggenommen nicht geschlossen-zellig. Alistair empfahl “pool noodles”.


23 Stück davon sind genug Auftrieb und wiegen 2,2 kg.
Jetzt kann auch das Vorderdeck verlegt werden.

Die Seitendecks sind fertig inklusive der Intarsien-Arbeiten. Da muss natürlich noch ein wenig geschliffen werden…Das sieht jetzt wieder einmal nach weniger Arbeit aus als es ist: Das Problem liegt im Detail und den Fugen unter den Seitendecks, die über Kopf eingefügt werden müssen.

Außerdem ist es echt spannend, das zweite Stück Seitendeck an das erste anzupassen! Dreidimensionale Schmiege!

 

 

07.05.2021
Der große Moment: Hochzeit! Das Vordeck ist verleimt.

Größere Holzarbeiten sind jetzt nur noch das Hobeln und Anleimen der Scheuerleisten und Hängeleisten. Der Rest ist Laminieren und Anstreichen. Ich habe das Boot mit Personenwaagen gewogen, um mal ein exakteres Zwischenergebnis zu haben. Das Ergebnis: 48,7 kg. (Meine Logge stand bei: 50,6 kg). Es sind noch ca. 20 kg einzubauen. Die Hänge- und Scheuerleisten ca. 3,5 kg. Die Beschläge 9kg. Der Rest ist Glasfiber, Epoxi und Farbe. (Bei dem Gewicht von letzterem bin ich mir nicht sicher, könnte auch weniger sein!) Damit bin ich bei knapp 4 kg Ausgleichgewicht vielleicht auch ein wenig mehr und habe ein solide ausgeführtes Cockpit. (nichts Übertriebenes..)

Jetzt folgt die Vormontage der Deckbeschläge und ein Anstrich mit Epoxi, dann wird umgedreht und die Außenhaut bearbeitet.

P.S.: Es ist ziemlich spannend in ein geschlossenes, schönes Deck, das natur lackiert werden soll, die erste Bohrung niederzubringen. Man hofft inständig, dass man den Schwertkastenschlitz trifft!

09.05.2021
Ich habe heute auch die Länge meines Bootes von Achterkante Spiegel bis zum Bug kontrolliert: 402,2cm.
Und für den der jetzt Schluckauf bekommen hat: 12mm für die Spiegelneigung nach hinten und 401 cm für ein super langes Boot!

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