Nein zum Schwingtest

Stellungnahme des technischen Komitees der OKDIA

Originaltext übersetzt von Thorsten Schmidt  12.04.2015

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Wie bereits  einige wissen werden zurzeit in Hellerup/Dänemark Schwingtests an verschieden OK-Jollenrümpfen durchgeführt um herauszufinden inwieweit sich dadurch unterschiedliche Gewichtsverteilungen nachweisen lassen und wie groß diese Unterschiede sind. Bis jetzt wurden 10 verschiedene Rümpfe, die Schwerter wurden nicht ausgebaut, mit dem Schwingtest vermessen. Dabei ergaben sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rumpfkonstruktionen und es gibt großes Interesse dies in Zukunft weiter zu untersuchen.
Das technische Komitee der OKDIA hat in den letzten Wochen Nachforschungen angestellt und dabei auch den Rat von Experten eingeholt, die die mathematische Bedeutung der Messwerte verstehen können.
Der Bereich für die durch den Schwingtest gefundenen Messwerte, berechnet wurde der Trägheitsradius, (siehe dazu auch den Artikel von Martin von Zimmermann) lag für GFK-Rümpfe zwischen 930 und 1000 und für Holzboote  zwischen 985 und 994.  Einzig ein älteres Holzboot aus dem Jahr 1967 lag bei 1044 und damit außerhalb des Bereichs der anderen Boote.  Der Mittelwert lag für GFK-Boote bei 968 und für Holzboote bei 990  (das Holzboot von 1967 wurde bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt).
Es wurden zwei Experten befragt, was diese Werte in der Praxis für die Gewichtsverteilung bedeuten und beide kamen zum gleichen Ergebnis:
Der Unterschied der Gewichtsverteilung zwischen einem Boot mit Trägheitsradius 930 und 990 entspricht in etwa dem Effekt den eine Umverteilung von 2kg Gewicht aus dem Schwerpunkt auf die Enden des Bootes hat, also wenn man je 1kg Blei an Bug und Heck festmachen würde, statt sie in der Nähe des Schwerpunkts zu konzentrieren.
Gleichbedeutend ist dies in etwa mit einer Umverteilung von 2,5kg Ausgleichsgewicht vom vorderen Schott der Plicht (Station 2) nach hinten an einen Punkt im Boot ca. 1 Meter vom Spiegel entfernt. In der Praxis entspricht dies aber auch dem Effekt den eine Verlagerung der Sitzposition des Seglers hat, um wenige Zentimeter nach hinten von einer vorderen Hängeposition in eine mittlere auf dem Seitendeck.
Dieser Unterschied zwischen bestem und schlechtestem Messwert bei den GFK-Booten kann wohl kaum als Revolution im Bootsbau bezeichnet werden. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rumpf-Konstruktionen erscheinen die gemessenen Unterschiede überraschend gering.  Ob diese geringen Unterschiede wirklich Auswirkungen auf die Performance der OK-Jolle haben erscheint ungewiss und auch Experten können sich zu diesem Sachverhalt nicht festlegen.
Die angestellten Berechnungen der Experten bezogen sich auf den nackten Rumpf mit 72kg ohne Schwert.  Der Effekt der unterschiedlichen Gewichtsverteilung der nackten Rümpfe wird beim Segeln  selbst aber wahrscheinlich deutlich geringer durch Schwert, Ruderblatt, Mast, Segel und Segler.
Wir sollten uns für die Zukunft daher eine Frage stellen:
Rechtfertigt der jetzt gemessene Unterschied zwischen den Rümpfen mit 930 und 990, dessen Effekt scheinbar in der Praxis sehr gering ist, den Aufwand von Zeit, Arbeit und Geld für die Klasse um dies weiter zu verfolgen?
Wenn die Ergebnisse der Schwingtests korrekt sind und nichts spricht dagegen, bedeutet das aus Sicht des technischen Komitees, dass die jetzt geltenden Konstruktionsregeln für OK-Jollen gut funktionieren. Diese Regeln beruhen auf gesundem Menschenverstand und werden durchgesetzt durch qualifizierte Vermesser, die eben auch nach exzessiver Gewichtskonzentration bei den Kontrollvermessungen fahnden. Die zurzeit untersuchten Boote entsprechen alle den Regeln und liegen sehr nahe beieinander. Mit noch mehr Aufmerksamkeit der Vermesser sollte es auch in Zukunft gelingen bei Neubauten ähnliche Gewichtsverteilungen durchzusetzen.

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Wie geht es weiter?
Das technische Komitee und die zwei internationalen Vermesser der Klasse sehen keine Notwendigkeit den Schwingtest regelhaft für die OK-Klasse einzuführen.
Die Gruppe der OK-Segler aus Hellerup will weitere Schwingtests durchführen, das technische Komitee sieht darin kein Problem.  Bevor wir von wirklich validen Ergebnissen sprechen können müssen viele weitere Schwingtests mit unterschiedlichen Rümpfen aus verschiedenen Ländern, bei unterschiedlichen Bedingungen und durchgeführt von unterschiedlichen Leuten gemacht werden.  Sinnvoll erscheint auch die Messung bei einem OK-Rumpf mit einem Doppelboden aus  Sperrholz.  Diese Konstruktionsweise mancher Baukasten-Boote sollte auf Antrag durch Regeländerung erlaubt werden, wurde aber auf der AGM in Melbourne abgelehnt. Sollten vergleichbare Messwerte im Schwingtest auch für diese Konstruktion vorliegen und vergleichbare Werte zur Gewichtsverteilung liefern, könnte dies hilfreich bei einem neuerlichen Antrag sein.

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Wenn der Schwingtest doch  regelhaft für OK-Jollen eingeführt werden soll, muss ein Regelvorschlag die folgenden Punkte berücksichtigen:
1. Die Methode des Schwingtests muss genau festgelegt sein. Die Positionierung des Schwingtest-Equipments bei unterschiedlichen Scheuerleisten muss vorgeschrieben werden.
2. Das Schwingtest-Equipment muss genau beschrieben und spezifiziert sein.
3. Festlegung eines Normalbereichs für die verschiedenen Schwingachsen eines Rumpfes, das Procedere bei einer Abweichung vom Normbereich muss festgelegt werden.
4. Festlegung, wie mögliche Ausgleichsgewichte (im Finn bis zu 8) im Boot verteilt und unverrückbar befestigt werden an dafür vorgesehenen Flächen und wie dies kontrolliert werden kann.
5. Ein neuer internationaler Messbrief für die Ausgleichgewichte muss entworfen werden.
6. Vermesser in 12 Ländern müssen ausgebildet werden zur korrekten Durchführung des Schwingtests, das Equipment für den Test muss finanziert werden.
7. Es muss festgelegt werden, bei welchen Veränderungen am Rumpf, z.B. beim Anbringen neuer Beschläge, neuem Anstrich usw. ein nochmaliger Schwingtest erforderlich wird.
8. Es muss festgelegt sein, wie während einer Kontroll-Vermessung bei einer WM die Extra-Arbeit des Schwingtests für die teilnehmenden Boote und die Kontrolle der möglicherweise 8 eingetragenen Ausgleichsgewichte gehandhabt wird.
9. Es muss festgelegt werden, wie alle diese vorangehenden Punkte finanziert werden können.
Unter dem Strich: Es ist sehr viel Arbeit und irgendjemand müsste das tun.

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OK-Jolle segeln soll Spaß machen und dies alles sieht nicht nach viel Spaß aus. In Anbetracht der geringen Unterschiede bei den bisherigen Messungen wäre der ganze Prozess sicher völlig übertrieben.
Die Aufgabe des technischen Komitees ist es nach Optionen zu suchen und beratend tätig zu sein. Weitere Maßnahmen, insbesondere mögliche Regeländerungen sollten von einer breiten Basis der Mitglieder der OK-Klasse getragen werden. Das technische Komitee wird die zukünftige Entwicklung beobachten. Mit dieser Stellungnahme wollen wir die Mitglieder informieren und unsere Meinung als Komitee zur momentanen Situation darlegen.
Das technische Komitee der OKDIA – April 2015