Standard und Abweichung

von Thorsten Schmidt 07.03.2020
Neulich war’s , -der eifrige Mastenbauer auf der anderen Seite der Erde fragte freundlich wie lang er denn sein sollte, der neue Mast. Gesucht war natürlich die Länge vom unteren Ende des Masts zum Deck. Alle weiteren Abschnitte des Spargels sind ja durch Regeln festgelegt, aber der Teil unter Deck ist von OK zu OK so individuell wie die Frisuren der Segler/innen.
Selbstverständlich hatte ich keine Ahnung wie das beim neuen Renner so sein wird, aber da konnte der ebenso eifrige Bootsbauer in England helfen.
Wie kommt das eigentlich, dass viele Dinge in unserer Einheitsklasse genau auf den Millimeter festgelegt sind, aber an anderer Stelle offensichtlich jeder machen kann was er will?
Traditionell ist die OK-Klasse als Selbstbauboot konzipiert und daher sind von Anfang an vor allem die Maße genau festgelegt worden, die eine Jolle zu einer OK machen, also im wesentlichen die charakteristische Rumpfform. Mit den Jahrzehnten wurden aber auch immer mehr andere Dinge durch die Klassenregeln festgeschrieben weil sie direkten Einfluss auf die Geschwindigkeit haben können und wir nun mal eine Regattaklasse sind. Unsere Regeln sind immer noch ständig im Fluss und werden permanent an neue Entwicklungen, Erkenntnisse und Materialien angepasst, so dass wir zwar mit einem älteren Bootsdesign um die Wette segeln, uns aber dennoch mit vielen Dingen auf der Höhe der Zeit befinden.


Zurück zum Mast: Die untere Mastspur gehört zu den am meisten belasteten Bauteilen am Rumpf. Andererseits sollte hier, -soweit vorne im Rumpf, möglichst leicht gebaut werden. Wegen der vielen unterschiedlichen technischen Lösungen der professionellen Bootsbauer, aber vor allem auch wegen der Amateur-Bootsbauer, ergibt sich eine weite Spanne der Mastlängen unter Deck. Das wäre nicht weiter schlimm wenn man nicht ab und zu mal einen anderen Mast ausprobieren, oder gebraucht kaufen wollte.
Wäre es nicht schön, wenn wir jederzeit beim Training einfach mal die Masten austauschen könnten, bei Bruch den Ersatzmast des Kumpels benutzen, oder den Gebrauchtmast problemlos nur nach der Biegekurve aussuchen könnten?
Stattdessen basteln wir mit Mastverlängerungen herum, behelfen uns mit Holzklötzchen oder greifen gar kurzentschlossen zur Säge!

Die gleiche Anarchie wie beim unteren Mastsegment herrscht auch bei den Ruderbeschlägen. Nur mit Glück können wir ohne vorherige Bastelarbeiten das Ruderblatt einer anderen OK am eigenen Spiegel anhängen.
Alistair Deaves, der technische Obmann der OKDIA ist bereits seit Jahren bemüht einheitliche Standards für die OK-Jollen weltweit zu schaffen. Im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2018 in Warnemünde trafen sich daher einige Bootsbauer, Mastenbauer, Segelmacher und technische Delegierte um Empfehlungen zu erarbeiten. Alistair hatte im Vorfeld durch viele Messungen an OK-Jollen den Ist-Zustand der Flotte zu erfassen versucht und dabei zum Teil erhebliche Unterschiede festgestellt. Dennoch sind die gewichteten Mittelwerte dieser Messungen als Grundlage der Empfehlungen benutzt worden.


In Zukunft sollen sich alle Bootsbauer, ob im Selbstbau oder professionell, an diesen empfohlenen Standardmaßen orientieren und so eine bessere Kompatibilität der Ausrüstung gewährleisten.
Empfohlen für Distanz von der Mastspur im Rumpf zur Oberkannte Deck ist ein Maß von 475mm. Der Mastring am Mastfuß sollte einen Durchmesser von 76mm haben, der Mastring in Deckshöhe sollte als Standard einen Durchmesser von 96mm aufweisen. Festgelegt wurde auch der Durchmesser für das Loch im Lümmelbeschlag für den Baumbolzen: 16mm. Die zwei Arme des Lümmelbeschlags sollten standardgemäß 37mm Abstand haben.
Die Ruderbeschläge mit dem Pin (“männliche Seite”) sollten sich nach den internationalen Empfehlungen am Spiegel befinden, die entsprechenden “weiblichen” Gegenstücke am Ruderblatt montiert sein.
Der Abstand der Beschläge am Spiegel sollte, gemessen von Oberkannte zu Oberkante 190mm betragen. Der Durchmesser der Pins ist mit 8mm festgelegt und die Oberkannte des oberen Ruderbeschlags sollte sich etwa 30mmm unterhalb der Decksebene befinden.
Diese Maße sind Empfehlungen, keine verbindlichen Regeln. Zwar könnten wir die Maße in Zukunft auch in unseren Klassenregeln festschreiben und älteren Booten einen Bestandsschutz einräumen. Das alles aber müsste bei Vermessungen dann zusätzlich kontrolliert werden und könnte diese lästige Prozedur noch zusätzlich verlängern. Zudem würden genau einzuhaltende Maße insbesondere für den Mastfußbereich den immer noch beliebten Selbstbau von Amateuren unnötig erschweren.

Alles bleibt also nur eine Empfehlung. Wer trotz aller Individualität Wert auf kompatibles, austauschbares Material legt, der orientiert sich an den international empfohlenen Standardmaßen und drängt auch den Bootsbauer seiner Wahl sich an die vorgeschlagenen Maße zu halten.

Mast
Mastlänge vom Mastfuß zum Deck 475mm
Durchmesser des Mastring am Mastfuß 76mm
Durchmesser des Decksrings 96mm
Durchmesser des Lochs im Lümmelbeschlag 16mm
Weite des Lümmelbeschlags 37mm
Ruderbeschläge
Beschläge mit Pin am Spiegel
Abstand der Beschläge von Oberkante zu Oberkante 190mm
Abstand der Oberkante des oberen Beschlags zum Deck 30mm