The grass is always greener…

von Thorsten Schmidt  28.12.2016
Was hatte sich der begeisterte OK-Segler doch dieses Jahr auf Weihnachten gefreut. Wie ein kleines Kind!

Einen einzigen Wusch hatte er diesmal dem Weihnachtsmann/Christkind auf den Zettel geschrieben: Einen neuen Tender für sein eigentliches Lieblingsspielzeug, seine OK-Jolle, wünschte er sich von Herzen, mehr brauchte es nun wirklich nicht zu sein!

Die Chancen standen gut, dass sein Wunsch in Erfüllung ginge, die ökonomischen Voraussetzungen waren erfüllt, es gab einen Wasserliegeplatz auf dem Heimatrevier und einen genauen Plan für die Unterbringung seines Segelsportgeräts am Tender hatte er der Wunschliste beigelegt. Was konnte da noch schief gehen?

Und endlich war es soweit, Heiligabend: Das Geschenk unter dem Christbaum war wirklich schön verpackt, die Größe vielversprechend und irgendwie roch es neben dem Duft nach Kerzen und Tannennadeln auch ein bisschen nach Brackwasser-herrlich!

Und dann das! Damit hatte er wirklich nicht gerechnet, eine echte Motorbratze, auch noch gebraucht und so hässlich in den Augen eines Vollblutseglers, dass er glaubte seine geliebte OK-Jolle schreien hören zu können. Zumindest quietschte und quengelte das gute Stück vollständig aufgeriggt, an den weißen Davids am Heck des Weihnachtsgeschenks.

Blitzschnell arbeitete sein Gehirn bei diesem Anblick und immerhin brachten die professionellen Strukturen seines emotionalen Systems einen Gesichtsausdruck zwischen Überraschung und Fassungslosigkeit zustande. Kurz nachdem er sich tatsächlich wieder gefasst hatte, sprach er bereits wortgewaltig und gar nicht verlegen über die vermeintlichen Vorzüge des motorisierten Wasserfahrzeugs, über PS-Zahl, Verbrauch, Tiefgang und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des neuen OK-Tenders.

Schon am ersten Weihnachtstag sollte die Jungfernfahrt stattfinden. Zunächst unsicher und ein wenig verschämt nahm er den Platz hinter dem Steuer ein, nicht ohne vorher die sichere Unterbringung der OK zu checken. Und dann ging es auch schon los. Routiniert steuerte er aus dem Hafen und er begann sogar so etwas wie echtes Vergnügen zu empfinden bei dem Gedanken wie schnell er in Zukunft die Regattabahnen der Welt mit der OK-Jolle im Huckepack erreichen könnte. Kein stundenlanges Hinauskreuzen mehr auf See um dann bereits vor dem ersten Startschuss erschöpft zu sein…und er könnte in Zukunft zwischen den Läufen Heißgetränke zu sich nehmen oder was zum Kühlen, je nach Bedarf, gar nicht so schlecht!

Plötzlich wurden seine Gedanken unterbrochen durch lautes Rufen. Irgendjemand brüllte ganz deutlich seinen Namen. Und da sah er auch schon seinen besten Freund. Offensichtlich hatte auch er ein Boot als Weihnachtsgeschenk bekommen: Auf der größten Motorjacht, die unser OK-Segler jemals gesehen hatte stand er, der beste Freund und winkte von der Badeplattform. Allein diese Badeplattform war groß genug um ein ganzes Regattafeld von OK-Jollen aufzunehmen. Überraschung, Wut, ja Zorn und dann auch Neid ließen in seinem Gehirn nur noch Platz für einen Gedanken:

Er musste sein Geschenk umtauschen gegen etwas noch Größeres, koste es was es wolle.

Aber sofort!

Anmerkung des Autors: Diese Geschichte ist frei erfunden und hat nichts mit wirklichen Menschen oder tatsächlichen Handlungen zu tun. Ähnlichkeiten zu Lebenden oder Verstorbenen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Es besteht ausdrücklich kein Zusammenhang zu den Personen im Text  und den mir unbekannten Besitzern der abgebildeten Motorjachten. Des weiteren bitte ich den Besitzer der kleineren Motorjacht um Entschuldigung für die abfälligen Bemerkungen über das Schiff.  Diese dienen lediglich im Rahmen der künstlerischen Freiheit zum Fortgang der kleinen Geschichte und sind keinesfalls wirklich beleidigend oder abfällig zu verstehen. Ich halte die Idee, eine OK-Jolle an Davids an einem größeren Schiff zu befestigen, sogar für sehr pfiffig und originell. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich um das von Jörg Rademacher übermittelte Bildmaterial herum diese kleine Geschichte erfunden habe um uns allen die Wartezeit auf die neue Saison zu verkürzen.