Beschämend!


Wie wir nach der WM die Australier im Stich gelassen haben

von Thorsten Schmidt 21.07.2018
Eine Woche ist es her, dass unsere Heim-WM in Warnemünde mit den drei besten OK-Seglern auf dem Podium zu Ende gegangen ist und sich alle mit fröhlichen Gesichtern und schönen Erlebnissen im Kopf verabschiedet haben.
Eigentlich wollte ich an dieser Stelle eine Art Presse-Echo der von vielen Seiten hochgelobten WM wiedergeben. Ich wollte allerhand Zeitungsberichte und Pressemitteilungen veröffentlichen, die Fernsehberichte des NDR verlinken und auf die schönen Segelbilder von Ralph Linow hinweisen, der mit Hilfe von Peit und seinem Motorboot wieder einmal ganz nah an den Seglern dran war.
Eigentlich-, aber dann erreichte Andreas, unseren Vorsitzenden, diese Mail von Robert Deaves:

Hi Andreas

I have thanked everyone else, but I guess the biggest thanks are due to you for picking this up and making such a success of it. So many thanks from OKDIA for stepping up and making this such a memorable championship on and off the water.
I have one complaint, not specifically against any one person, as much as against the German sailors in general, though please do not let this detract from an otherwise outstanding effort. When the German team went to Australia in 2014, the locals made sure all the boats were transported to the venue in good time and I expect would have helped get them back to the container if that had been needed. Last week, I understand that only you helped get the Australian boats to the club on arrival. This in itself was surprising that no one else offered to help.
Then at the end of the week, the Australians were left at the club with just Julius driving (as well as Bob) and using Greg’s trailer to help. I know everyone had other things they would rather do, but I found it very disappointing that many Germans were driving off home, while the Australians still had boats at the club to get to the trailer park. It caused them huge stress and anxiety and should have been planned ahead by the hosts – i.e. the German team – especially given that the Australians expected the container to be located at the club.

I do not know the ins and outs of all the communications, and as you know many of us tried to find people to help, but it should be the responsibility of the hosts to make sure that any visiting sailors with containers are looked after properly. This is certainly something that OKDIA will look at in future years to ensure this can’t happen again. Do you have any ideas how this situation could have been avoided?
I sincerely hope that if you were sailing in a foreign country with no means of transport, that the local OK sailors would make sure that you were OK before heading off home, rather than left feeling abandoned at the venue.

Kind regards,
Robert

Was war passiert?
Der Container mit den australischen Schiffen durfte trotz aller Bemühungen von Andreas und dem Organisationsteam der Warnemünder Woche nicht auf dem Gelände auf der Mittelmole abgeladen werden. Stattdessen fanden unsere Gäste von ‘Down under’ den Container mit ihrem gesamten Equipment einige Kilometer weiter auf dem Bootstrailer-Gelände der Warnemünder Woche wieder. Mangels anderer Hilfe übernahm Andreas im Alleingang in einem fünfstündigen Marathon vor der WM den Transport aller australischen Schiffe hin zum Gelände auf der Mittelmole.

Schon bei der AGM-Sitzung bat der Australier Mark Jackson um Hilfe beim Rücktransport der Schiffe zum Container, weil klar war, das nach der WM Andreas wegen Zeitdruck keine Möglichkeit hatte erneut den Transport zu übernehmen und Warnemünde direkt im Anschluss der Siegerehrung verlassen musste.
Nachdem Mark bei der Sitzung von verschiedener Seite Hilfe zugesichert worden war, sprach Andreas im Verlauf der WM verschiedene Mitglieder des deutschen OK-Teams persönlich an und bat um Hilfe beim Rücktransport der australischen Schiffe. Das hätte sogar mit drei oder vier vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Autos des Event-Sponsors erfolgen können und bei tatkräftiger Hilfe aus der Mitte des vielköpfigen deutschen Teams wäre die ganze Aktion sicher in einer Stunde über die Bühne gegangen.
Leider vergaßen die von Andreas Angesprochenen offensichtlich im Trubel der Siegerehrung ihre Zusage oder verließen sich auf andere und der Rest des Heimteams fühlte sich auch nicht verantwortlich genug um bei diesem eigentlich kleinen Problem unserer Gäste zu helfen.
Sicher war bei niemandem böser Wille im Spiel, eher Gedankenlosigkeit und so waren die Australier nur kurze Zeit nach dem offiziellen Ende der WM fast ohne deutsche Hilfe allein mit Ihren Booten auf der Mittelmole. Zudem waren sie wegen des zeitnahen Abtransports ihres Containers in großer Eile, während fast das gesamte deutsche Team bereits nach Hause strebte.

All das Lob von Teilnehmern, Beobachtern und Gästen, all die enthusiastischen Berichte über diese toll organisierte WM sind so mit einem Schlag nicht mehr viel Wert bei diesem wirklich beschämenden Ende.

Auf der Mitgliederversammlung bei der IDM in Flensburg wurde ein ‚Orga-Team‘ für die WM in Warnemünde gebildet. Die Bereitschaft zu helfen war da. Das Andreas dann fast im Alleingang die Planung und Organisation in die Hand genommen hat, hatte sicher verschiedene Gründe und war an vielen Stellen auch unerlässlich um die Strukturen nicht zu komplex werden zu lassen. Andreas wird aus diesen sehr arbeitsintensiven Monaten seine Schlüsse gezogen haben und in Zukunft mehr Arbeit verpflichtend auf uns andere verteilen.
Abgesehen von der Vorbereitung aber hätte sich sicher für viele deutsche Teilnehmer im Rückblick auch in Warnemünde selbst noch, also während der Veranstaltung, die Möglichkeit geboten sich mehr einzubringen und zu helfen.

Unsere Klasse rühmt sich zurecht einen besonderen Geist und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl zu haben. Wir gehen freundlich miteinander um, helfen uns gegenseitig, kümmern uns um Neueinsteiger und schwächere Segler mit Rat und Tat. Wir verstehen uns als leistungsorientierte Regattaklasse auf dem Wasser, drehen aber auch ohne Jurypfiff unsere Strafkringel und verbringen nach dem Segeln an Land gerne unsere Zeit miteinander, als internationale Klasse selbstverständlich auch über Sprachgrenzen hinweg.

Gastfreundschaft und freundschaftliche Aufmerksamkeit den anderen gegenüber, das sind Kernkompetenzen der internationalen OK-Segler.

Die Bereitschaft sich selbst für unsere Klasse einzusetzen und zu engagieren gehört eben auch dazu. Wenn diese “Skandal-Geschichte” ein Körnchen Gutes für die Zukunft in sich trägt, dann vielleicht, das sie das Bewusstsein bei uns allen schärft ein wichtiger Teil der Klasse zu sein. Nicht nur der Vorstand sondern jeder Einzelne hat Möglichkeiten der Teilhabe und ein Stück Verantwortung für das Ganze.

Leider konnte ich selbst nicht an der WM teilnehmen und alles was ich über die Zeit der Vorbereitung und die Tage in Warnemünde weiß wurde mir von anderen erzählt. Ich bin also gar nicht in der Lage und auch sonst weit davon entfernt zu moralisieren oder Schuld zu verteilen. Vielleicht wäre auch ich in Anbetracht des langen Heimwegs gedankenlos aufgebrochen. Es nützt jetzt nichts mit  dem Finger zu zeigen oder Steine zu schmeißen. Das “Kind ist im Brunnen” und wir können uns nur beim australischen Team entschuldigen.
In Zukunft aber sollten wir uns alle besonders anstrengen richtige OK-Segler zu sein.