Kommentierte Übersetzung von Thorsten Schmidt 20.01.2015
Als Reaktion auf die Kommentare und teilweise sehr emotionalen Äußerungen vieler OK-Segler zu dem Vermessungsprotest gegen das Boot des amtierenden Europameisters Joergen Svendsen aus Dänemark während der WM in Australien veröffentlichte die OKDIA eine Stellungnahme. Den Originalwortlaut des Statements findet ihr hier.
Die OKDIA stellt dabei bereits im Eingangsabschnitt klar, dass die Handlungen und Entscheidungen des Chefvermessers und der internationalen Jury während der WM in Melbourne von der OKDIA vollständig unterstützt werden.
Im ersten Teil werden die allgemeinen Regeln und Abläufe zur Materialüberprüfung bei einer Weltmeisterschaft präzisiert. Der Begriff der Vermessung wird von der OKDIA vermieden, es findet also auf einer WM keine Nachvermessung statt, sondern eine Überprüfung des Segelequipments, das natürlich vorher schon erstvermessen sein muss. Dass das Segelmaterial den Klassenregeln entspricht liegt allein in der Verantwortung des Seglers/Eigners und nicht etwa in der des Bootsbauers. Dabei wird hervorgehoben, dass die Ausrüstung der aktuell gültigen Regel aber auch der Absicht, also der vieldiskutierten Intention der Regel, entsprechen muss. Mit der Abgabe der Meldung zur WM erkennt der Teilnehmer dies an.
Vor Beginn einer WM überprüft ein Team von Inspekteuren viele Aspekte und Maße der Segelausrüstung aber eben nicht zwingend alle kontrollierbaren Maße und nicht zwingend jedes Teil der Ausrüstung. Das Kontrollteam besteht meist aus aktiven oder ehemaligen OK-Seglern des die WM ausrichtenden nationalen Verbands und wird angeleitet durch den Chefvermesser der Klasse, (zur Zeit Dick Batt) oder einen anderen internationalen Vermesser der Klasse. Die OKDIA stellt klar, dass allein aus praktikablen Gründen keine Komplettvermessungen durchgeführt werden können, sondern es lediglich zu ausgewählten Kontrollen im Sinne einer Basisüberprüfung der Regelkonformität kommen kann.
Wenn ein Boot diese Eingangskontrollen durchlaufen hat, ist es berechtigt an den Regatten der WM teilzunehmen. Das bedeutet aber nicht, dass das Boot allen Regeln der Klasse entspricht, weil ja nur Teilaspekte kontrolliert werden können. Die Verantwortung für die Ausrüstung hinsichtlich Regelkonformität auch nicht kontrollierter Ausrüstungsgegenstände trägt immer der Segler/Bootseigner und zwar zu jedem Zeitpunkt der Regatta.
Während der WM kann der Chefvermesser jederzeit Einzelkontrollen gezielt oder nach dem Zufallsprinzip durchführen und zwar zu bereits kontrollierten aber auch noch nicht kontrollierten Aspekten der Ausrüstung. Dies wurde übrigens auch schon während anderer internationaler OK-Meisterschaften durchgeführt, zuletzt auch während der Europameisterschaft in Steinhude.
Wenn unerlaubte Dinge bei diesen Einzelkontrollen auffallen, berichtet der Chefvermesser der Wettfahrtleitung, die einen Protest gegen das Boot einleiten muss (Regel 78.3). Die Jury entscheidet unbeeinflusst vom Chefvermesser. Es ist aber üblich, dass der Chefvermesser bei der Verhandlung als Repräsentant der Wettfahrtleitung anwesend ist.
Natürlich hat auch jeder Regattateilnehmer jederzeit während einer Serie das Recht bei Verdacht einen Protest gegen ein Boot oder Ausrüstungsteile eines anderen Teilnehmers einzureichen.
Wenn die Jury Unklarheiten hat über die Bedeutung oder Auslegung einzelner Klassenregeln kann eine außenstehende Autorität, z.B. der Chefvermesser zur Klärung des Sachverhalts herangezogen werden (Regel 64.3 b). Der Chefvermesser kann dann in solch einem Fall gegebenenfalls auch die Beratung durch die OKDIA oder des technischen Komitee in Anspruch nehmen.
In keinem Fall hat die OKDIA oder das technische Komitee oder der Chefvermesser der Klasse direkten Einfluss auf die Entscheidung der Jury.
Wenn nach Regel 64.3 (b) der Chefvermesser von der Jury bei Zweifeln hinsichtlich der Regelauslegung befragt wird, so ist die Jury an den Bericht des Chefvermessers bei der Urteilsbegründung gebunden.
Im zweiten Teil nimmt die OKDIA konkret Stellung zu dem Vermessungsprotest während der WM in Melbourne.
Während der Eingangskontrolle vor der WM wurde eine Prüfung der Boote auf Gewichtskonzentration nicht durchgeführt, es wurden andere Aspekte geprüft. Der Chefvermesser bemerkte am 31.12. bei einer geplanten Kontrolle einzelner Boote während der Serie ein Auffälligkeit hinsichtlich möglicher verbotener Gewichtskonzentration. Nach weiteren Untersuchungen wurde die Information an die Wettfahrtleitung weitergegeben. Bereits vor Beginn des dritten Rennens, das Joergen Svendsen als erster beendete, lag der Jury ein Protest der Wettfahrtleitung vor. Da am 1. Januar ein Ruhetag angesetzt war, konnte der Prostet aber erst am 2. Januar, nach Beendigung der dritten Wettfahrt verhandelt werden. Dadurch entstand bei manchen Beobachtern der falsche Eindruck, der Protest sei eine Reaktion auf den Laufgewinn des Dänen.
Während der Protestverhandlung wurde der Chefvermesser wegen Zweifeln der Jury als Zeuge zur Interpretation der Klassenregeln nach RRS 64.3(b) gehört. Mitglieder der OKDIA oder andere Offizielle waren während der Verhandlung nicht anwesend oder für die Entscheidung erforderlich. Es wurde eine Disqualifikation für das letzte Rennen gegen Svendsen ausgesprochen.
Die im Verlauf der Regatta von Christian Olson eingereichten weiteren Vermessungsproteste waren aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich. Etwa eine Stunde vor geplantem Start des letzten Rennens der Regattaserie wurde eine nochmalige Anhörung wegen der ausgesprochenen Disqualifikation neben den anderen Protesten beantragt. Es konnten keine neuen Fakten durch den Bootseigner vorgelegt werden und die Entscheidung zur Disqualifikation wurde durch die Jury bestätigt.
Hier der Link zu den Protestunterlagen.