Karsten Hitz in der Hall of Fame
von OK-Presse 30.12.2018
Während der WM in Warnemünde im Juli diesen Jahres wurde der zweifache Weltmeister Karsten Hitz verdientermaßen als zweiter deutscher OK-Segler nach Norbert Petrausch in die Ruhmeshalle der internationalen OK-Klasse aufgenommen. Zwischen den Feiertagen konnten wir ‘Hitzi’ zu einem Interview überreden.
OK-Presse: Karsten, vor knapp einem halben Jahr bist du in Warnemünde in die “Hall of Fame” der OKDIA aufgenommen worden. Wie geht es dir heute?
Karsten: Oh, ist das erst 6 Monate her? In der Zwischenzeit ist viel passiert. Ich habe vor ein paar Wochen meine langjährige Freundin Grietje geheiratet und im Moment bin ich im Urlaub auf Mallorca und tobe mich mit dem Rennrad aus.
OK-Presse: Blicken wir zurück auf Warnemünde. Wie hast du von der geplanten Ehrung erfahren? Hattest du damit gerechnet irgendwann in die “Hall of Fame” aufgenommen zu werden?
Karsten: Nein, gerechnet habe ich damit überhaupt nicht. Ich kannte zwar die Institution ” Hall of Fame” von der OKDIA-Seite, aber ich habe da nie eine Verbindung zu mir hergestellt. Schließlich bin ich schon einige Jahre aus der OK-Szene heraus und es gibt ja aktuell genug großartige Segler bei den OK’s. Erfahren von meiner Aufnahme habe ich bereits im Frühjahr. Andreas Pich hat mich dem Gremium der OKDIA vorgeschlagen. Ich bin ihm sehr dankbar dafür und auch ein bisschen stolz darauf das die internationalen OK-Verbände der Nominierung einstimmig zugestimmt haben.
OK-Presse: Wie war das dann in Warnemünde für dich die WM zu erleben?
Karsten: Zunächst fiel mir das leichter als gedacht. In den letzten Jahren habe ich nicht immer genug Abstand gehabt von der Klasse um mich z.B. bei der Kieler Woche sehen zu lassen. Immerhin ist die Regatta ja jedes Jahr direkt vor meiner Haustür.(Anm. d. Red. : Karsten wohnt seit vielen Jahren in Kiel). Ich war aber lange Zeit emotional zu stark beteiligt und es hätte mir verdammt weh getan einfach mal zum Bier trinken vorbei zukommen und dabei zu wissen, dass ich nicht mehr richtig dazugehöre. Jetzt in Warnemünde habe ich das schöne Wetter genossen, die Freunde von früher begrüßt und es war irgendwie anfangs nicht so schlimm. Richtig weh getan hat mir allerdings dann der Moment, als nach den Rennen des Tages die Boote wieder einliefen. Die erschöpften aber glücklichen Gesichter der OK-Segler zu sehen und zuzuhören wie viel Spaß sie da gerade auf der Ostsee hatten, das war wirklich schwer für mich.
OK-Presse: Bei der Feier zu deiner Aufnahme hast du dann nicht viel sagen können, was war los?
Karsten: Ich hatte einen riesigen Kloß im Hals. Ich war total überwältigt und die Situation hat mich völlig überfordert. Ich hatte mir auf der Fahrt nach Warnemünde mit Grietje zusammen zwar etwas überlegt und eine kleine Dankesrede vorbereitet, aber in dem Moment war ich nicht in der Lage auch nur etwas zu sagen. Die meisten OK-Segler, die mich kennen wissen, dass ich kein großer Redner bin. Aber nachdem Martin (Anm. d. Red.: Martin von Zimmermann) seine wirklich sehr bewegende und emotionale Rede zu meiner Ehrung gehalten hat war ich einfach nur geplättet vor Dankbarkeit und Freude und habe kein Wort herausgebracht.
OK-Presse: Wie ging die Feier für dich weiter?
Karsten: Danach kam glücklicherweise der leichtere Teil der Veranstaltung. Ich habe mich wirklich gefreut so viele Freunde von früher wieder zutreffen. Fredrik Lööf kannte ich noch von früher aus seiner OK-Zeit vor seinen Olympiakampanien. Auch Mats Caap wieder zu sehen nach so vielen Jahren war etwas besonderes. Obwohl er als Orthopäde ja vom Fach ist, hat er mir nur wenig Hoffnung für meinen Rücken machen können. Wie sagte er so schön: Karsten – OK-Segeln tut immer weh, aber je älter man wird desto schlimmer wird es und man braucht wirklich immer mehr Zeit zur Erholung und eine Menge Bier um das alles auszuhalten. Und dann waren da auch die anderen Kumpels von früher: Jorgen Holm, ein wirklich ganz enger Freund mit dem ich regelmäßig in Verbindung stehe und bei dem ich in Ebeltoft zuletzt beim Adventstreffen mit anderen OK-Seglern gefeiert habe. Und natürlich viele andere auch, die mich in Warnemünde begrüßt und beglückwünscht haben. Martin, Sönke und Andreas treffe ich ja sowieso regelmäßig beim Fahrradfahren.
OK-Presse: Hast du dich denn inzwischen “eingelebt” im Walhalla der OK-Segler?
Karsten: Dank des Alphabets (Anm. d. Redaktion: Die Mitglieder in der “Hall of Fame” sind nach Alphabet geordnet) komme ich in der Liste direkt nach Paul Elvström, sitze also sozusagen neben ihm. Mehr Ehre geht nicht!
Alle meine seglerischen Vorbilder sind hier versammelt. Für mich ist und bleibt der Größte aller Zeiten Jörgen Lindhardtsen. Seine großartige Persönlichkeit und seine unglaubliche Hingabe für den Sport machen ihn wirklich einzigartig.
Besondere Bedeutung haben für mich natürlich auch meine langjährigen Konkurrenten von damals, Bo Stefan Andersson und Leith Armit, beide viermal Weltmeister und häufig im entscheidenden Moment immer einen Tick besser als ich.
OK-Presse: Du hast das OK-Segeln über mehr als zwei Jahrzehnte geprägt, international, aber vor allem auch in Deutschland. Du bist bereits mit 13 Jahren in die OK-Jolle gestiegen, hast alles gewonnen, was es zu gewinnen gab, hast jede freie Minute auf der Ostsee trainiert sogar im Winter bis zur Erschöpfung und musstest dann wegen Rückenproblemen vor einigen Jahren das Segeln aufhören. Verfolgst du denn die OK-Klasse noch?
Karsten: Was für eine Frage! OK-Segeln war für sehr lange Zeit mein Leben. Mein Herz hängt natürlich auch heute noch daran und deshalb nimmt mich alles, was damit zusammenhängt unglaublich mit. Zurückblickend ist die OK-Klasse ein ganz wichtiges Stück von mir und das Segeln hat mich irgendwie in schwierigen Phasen meines Lebens gerettet. Wer weiß, was aus mir geworden wäre ohne OK-Segeln. In den ersten Jahren nach meinem Abschied konnte ich nicht mal die OK-Seite im Internet anschauen ohne das ich sehr traurig geworden bin. Mittlerweile geht es besser und ich verfolge die Ergebnisse und Berichte mit mehr Gelassenheit. Wie schon gesagt, einige OK-Segler sehe ich ja immer noch regelmäßig beim Radfahren und hör mir dann all die neuen Geschichten an.
OK-Presse: Du bist 2x Weltmeister, 9x Deutscher Meister, 9x Kieler Woche-Sieger, hast 5x die Warnemünder Woche gewonnen, 3x den Spring-Cup, mehrfach die Dänische Meisterschaft und unzählige Male die Deutsche Jahresrangliste, abgesehen von den vielen Podestplätzen bei WM und EM. Was ist im Rückblick der bedeutendste Erfolg für dich?
Karsten: Die Erfolge sind mir eigentlich aus heutiger Sicht völlig egal. Klar war der erste WM-Titel 2000 in Polen etwas ganz besonderes, nachdem ich vorher sooft knapp gescheitert war. Aber im Rückblick waren für mich immer die gemeinsamen Erlebnisse mit den anderen OK-Seglern das Wichtigste, meine Freunde und die intensive Zeit, die wir zusammen erlebt haben. Die Anerkennung und die Freundschaft der vielen tollen Menschen, die ich durch das Segeln kennen gelernt habe, waren und sind mir viel wichtiger als alle Titel. Ich könnte Geschichten erzählen…
Außerdem hat es mir wirklich unglaublichen Spaß gemacht diese kleine Jolle zu segeln. Die OK verlangt ganzen Einsatz, bietet puren Segelspaß und ich habe es geliebt mich völlig zu verausgaben, durch die Wellen zu hämmern bis zur Erschöpfung. Der reine Segelspaß in der OK, das unmittelbare pure Erlebnis vor allem bei Wind, ist mit nichts zu vergleichen.
OK-Presse: Aktuell macht die OK-Klasse in Deutschland eine rasante Entwicklung durch. Viele Neueinsteiger aus anderen Klassen verändern zwangsläufig die OK-Szene. Ist das wirklich eine gute Entwicklung?
Karsten: Ich mache mir gar keine Sorgen um die Zukunft. Im Gegenteil, die leistungsstarken Neueinsteiger, vor allem aus dem Finn sorgen für frischen Wind und ein Ansteigen des seglerischen Niveaus, sodass wir endlich auch international wieder konkurrenzfähig sind. Außerdem sorgt der solide Kern der Klasse schon dafür, dass den “Neuen” der berühmte “OK-Spirit” eingehaucht wird. Und die Jolle an sich mit all ihren Ecken und Kanten hat noch jedem Demut bei gebracht.
OK-Presse: Karsten, vielen Dank für das Interview. Bleibt noch eine letzte Frage: Werden wir dich nochmal in der OK-Jolle segeln sehen?
Karsten: Leider erlaubt mir mein Rücken nicht ernsthaft über eine Rückkehr nachzudenken. Zwar hat mich das OK-Segeln in gewisser Weise gerettet und für viele unauslöschliche Erlebnisse gesorgt, aber es hat mir auch eine kaputte Wirbelsäule beschert. Vor allem das Segeln mit den blödsinnigen Gewichtswesten von früher hat seine Spuren unauslöschlich hinterlassen.
Möglicherweise setzte ich mich irgendwann nochmal zum Spaß in die Kiste, vielleicht in Segeberg. Aber ernsthaft Regattasegeln, das wird wahrscheinlich nichts mehr. Auf der anderen Seite: Man soll nie nie sagen. Vielleicht sollte ich Mats Caap doch noch mal anrufen und nach dem Wundermittel fragen..