Ein Reisebericht -Teil 1

Segel-Wochenende auf Mallorca

von Thorsten Schmidt 19.01.2025
Bereits den letzten Winter verbrachte Fabian Rossbacher auf Mallorca und nutzte die angenehmen klimatischen Bedingungen für viele Trainingsstunden in der Bucht von Palma mit der lokalen OK-Gruppe. Und bereits letztes Jahr verteilte Fabian großzügig Einladungen an uns OK-Segler ihn doch besuchen zu kommen um gemeinsam im Winter zu segeln. Ein Leihboot würde er schon organisieren können, schlafen könne man bei ihm auf der Finca und es gebe, verteilt über den ganzen Winter, auch eine Regattaserie, an der wir zwanglos teilnehmen könnten.

..weitgehend CO2-neutral!

Nur für ein Wochenende nach Mallorca fliegen? Was für ein Aufwand für ein paar Stunden auf dem Wasser! Sollte ich meinen persönlichen CO2-Fußabdruck so zerstören, wo ich doch sonst nur mit dem Fahrrad unterwegs bin? OK, da war in dem Jahr auch noch die eine oder andere Urlaubsreise und mit meinem alten VW-Bus mal eben nach Kiel oder an den Gardasee zu fahren schmeißt die persönliche Bilanz auch nicht nach vorne und so zog ich es anfänglich sogar in Erwägung die freundliche Einladung anzunehmen. Irgendwie wurde nichts draus im Frühjahr 2024 und ich tröstete mich mit der Aussicht auf die kommende Europameisterschaft in Palma.

Und dann kam die Euro und es war trotz nur vier gesegelter Rennen ein tolles Erlebnis. Ich hatte furchtbar viel Spaß mit Jörgen Holm und Sönke Behrens in unserer WG und wir hatten auch abseits vom Segeln eine tolle Zeit. Xavi Estarellas, der mallorquinische Flottenchef bot uns an, unsere Boote über den Winter auf der Insel zu lassen und an der Winter-Regatta-Serie des RNCP teilzunehmen.

In meinem Enthusiasmus während der Euro beschloss ich diesen Winter meiner hedonistischen Ader nachzugeben und mein Boot am Club zu lassen. GER 9 blieb also in  Palma, schön verpackt, die Segelklamotten im Boot und ich reiste mit leichtem Gepäck wieder nach Hause.  Der Winter kam, Weihnachten und dann auch das neue Jahr und endlich sollte die Regattaserie beim RCNP beginnen.

Farbfilm vergessen? Total tolles Winterwetter in Köln

Scheinbar um meine Vorfreude noch grösser werden zu lassen, kam es rechtzeitig vor der geplanten Reise zum „Wintereinbruch in der Kölner Bucht“. Das heißt im Rheinland Schneeregen vom Himmel, Schneematsch auf dem Boden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, selbstverständlich Verkehrschaos und kein Lichtstrahl den ganzen Tag. Alles Grau in Grau, als hätte jemand den Farbfilm vergessen.  Auf der Arbeit Grippewelle, da fällt der Abschied leicht und der Katzensprung am Freitag Abend von Köln nach Mallorca  in 2h10min kam mir vor als wäre ich mal eben auf einen anderen Planeten gebeamt worden.

Die Taxifahrerin am Flughafen in T-Shirt und Shorts bildete einen seltsamen Kontrast zu meiner dicken Winterjacke und berichtete vom Tag mit Sonnenschein und 20°. Der weitere Abend verlief entspannt. Beim Abendessen mit Fabian und zwei seiner Geschäftsfreunde in der Innenstadt von Palma philosophierten wir lustig über KI und die Zukunft unserer Gesellschaft und landeten am Ende folgerichtig in einer kleinen Bar um unsere Erkenntnisse an der Realität zu messen.

Alle helfen: Xavi aus Mallorca und Mario aus Brasilien

Leider war es am Samstag vorbei mit dem Sonnenschein, eine Front mit tiefen Wolken und viel Wind schob sich über die Insel. Immerhin waren die Temperaturen mit 16° immer noch angenehm und es regnete nicht. Gegen Mittag sollte es losgehen mit dem Segeln und es kann ja nicht schaden ein bisschen früher am Club zu sein und das eigene Boote nach so langer Zeit startklar zu machen, -dachte ich. Am Club angekommen suchte ich verzweifelt mein Boot. GER 9 war verschwunden und die langsam eintrudelnden lokalen OK-Segler konnten auch nicht weiter helfen. Erst Xavi, der Flottenchef wusste Bescheid: Wegen einer großen Regatta im Dezember mit vielen Hundert Optimisten waren alle Boote von ihren Stellplätzen entfernt worden. Andreas Sommer, der unsere Boote im Herbst per Sammeltransport von Bremen nach Palma gebracht hatte, konnte das Boot von Stefan Rassau und mir in den letzten Wochen auf seinem Gelände in der Nähe von Palma zwischenlagern und da stand es auch noch, sicher und trocken.

Plug and play: Perfektes Leihboot von Frank zum einsteigen und lossegeln

Ein Telefongespräch später war klar, dass durch ein Missverständnis mein Boot nicht am Club war und am Wochenende keine Chance bestand an das Boot zu gelangen. Meine gute Laune war verflogen wie das schöne Wetter über Mallorca. Aber da kam Hilfe von allen Seiten: Fabian hatte zwischenzeitlich mit Frank Broetzmann telefoniert und ein tolles Leihboot für mich organisiert. Frank habe ich während der Euro kennengelernt. Er lebt zwar in Deutschland verbringt aber viel Zeit auf der Insel und ist mit seiner OK DEN 1550 längst Teil der internationalen OK-Truppe in Palma. Alles gut, oder? Segelfertiges Boot, viel Wind es kann losgehen!

Hose und Schuhe zu kurz? Da hilft Tape!

Aber nein, meine Segelklamotten! Die hatte ich ja im Boot gelassen und waren, in was für einem Zustand auch immer, unerreichbar unter der Persenning meiner Jolle irgendwo in der Nähe von Palma versteckt. Aber auch da gab es sofort Hilfe. Die gesamte internationale Flotte durchkämmte ihren Segelbekleidungsfundus nach passendem Equipment für mich. Es war wie an Karneval mit einer großen Verkleidungskiste zum wilden Anprobieren. Von Fabian konnte ich Hängehose und Schwimmweste leihen und Ralf-Michael Schoth hatte sogar passende Neoprenschuhe für mich. Ralf-Michael hatte den Bootstransport über Andreas organisiert und war auch in dieser Situation als Ansprechpartner und Freund extrem hilfreich. Schließlich verbringt er als Teilzeit-Mallorquiner mit eigener Wohnung  sooft es geht Zeit in Palma und mit der OK auf dem Wasser, kennt das Boot von Frank und auch sonst alle wichtigen Menschen im Club.

Die Stimmung wieder ganz oben, wie der Daumen von Fabian

Jetzt aber sollte es endlich aufs Wasser gehen.  Meine Laune hatte sich unter dem Eindruck der Hilfsbereitschaft von allen Seiten dramatisch verbessert und die spanisch-englisch-irisch-brasilianisch-australisch-deutsche OK-Truppe vor Ort versprühte Freude und Spaß trotz der grauen Wolken am Himmel.


Hier endet Teil 1 des Reiseberichts. Der abschließende zweite Teil folgt in den nächsten Tagen.