Ein Reisebericht -Teil 2

Segel-Wochenende auf Mallorca

von Thorsten Schmidt 26.01.2025
Die Wolken hingen tief über der Kathedrale von Palma und die angekündigte Front brachte ordentlich Wind mit. Da 20 Knoten im Mittel und Böen bis 32 Knoten vorhergesagt waren, stieg ich mit etwas mulmigem Gefühl ins geliehene Boot und schwor mich auf mein primäres Ziel für den Samstagnachmittag ein: Genieße das Segeln und mach bloß nix kaputt!

Insgesamt trauten sich 13 OK-Jollen und 3 Snipes aufs Wasser. Auf der halbstündigen Fahrt durch den großen Hafen von Palma bis ins Regattagebiet vor der Kathedrale hatte ich Gelegenheit mich mit dem Material vertraut zu machen und ich merkte schnell, das alles funktionierte an Bord und auch der Mast ordentlich arbeitete. Das Boot von Frank mit neuseeländischer Rumpfnummer und dänischer Segelnummer ist schnell aber ich war irgendwie eingerostet über den Winter und meine Manöver waren unterirdisch, noch schlechter als sonst schon.

Klar, jede OK segelt sich anders, fühlt sich einzigartig an und steuert sich speziell auch weil die unterschiedlichen Kombinationen aus Rumpf, Mast, Segel, Foils und Einstellungen eben die kleinen Unterschiede ausmachen. Auf Franks Boot fühlte ich mich aber sofort wohl, die Hängebank war angenehm und die OK ließ sich gut steuern so lange es gerade aus ging. In den Wenden scheiterte ich aber ein ums andere mal grandios an der ungewohnten Großschotklemme im Cockpit.

Das Feld vor dem ersten Start

In all den Jahrzehnten in denen ich jetzt OK segle habe ich schon oft versucht meine merkwürdige Wendentechnik zu ändern. Ich drehe mich nämlich bei den Manövern immer zur gleichen Seite, -nach links, das heißt bei der Wende auf Kurs mit Wind von Steuerbord  drehe ich mich nach hinten, der Hintern zeigt nach vorne und das Gesicht zum Heck. Gefühlt „Jahrhundertelang“ habe ich im Training versucht mir das abzugewöhnen, aber immer wenn dann Wettkampfmodus angesagt war verfiel ich in die alten Bewegungsmuster. Ich habe es irgendwann aufgegeben, zumal auch Karsten Hitz, immerhin zweifacher OK-Weltmeister den gleichen Spleen hatte und damit sehr erfolgreich war.

Grundsätzlich ist dieser „einseitige Drehsinn“ kein Problem wenn die Großschotklemmen auf dem Seitendeck montiert sind. So aber wickelte ich mit schöner Regelmäßigkeit die Großschot um den Fußblock und verursachte einen „Full-stopp-Wooling“ nach dem anderen. Noch schlimmer -und vor allem schmerzhafter war, dass ich bei den Wenden aus unerklärlichen Gründen ständig mit den Schienbeinen gegen die drehbare Großschotbasis rammte  und irgendwie überhaupt nicht auf die andere Seite kam.

Glücklicherweise waren alle mit sich selbst beschäftigt, niemand lachte mich aus, gefilmt/fotografiert wurde nur am Start und meine Katastrophenmanöver blieben weitgehend unbemerkt und auch während der Rennen ohne Folgen für andere Boote. Wir segelten auf einem Up-and-Down-Kurs zwei Runden und es ging vor dem Wind ins Ziel. Beim ersten Rennen mit Wind um 4-5 Bft. startete ich mit Fabian ganz in Luv am Schiff, kam gut weg, scheiterte dann aber an der ersten Wende und verabschiedete mich vom vorderen Feld. Der Wind war böig, drehte ständig und nahm im Laufe des Rennens zu. Fabian Rossbacher und Mark Branagh dominierten das erste Rennen fuhren aber am Ende am Ziel vorbei. Die Ziellinie lag auf dem Vorwindkurs links vom Startschiff, während rechts davon noch die Startlinie aufgebaut war. Die beiden Ersten waren aber so verstrickt in ihren Zweikampf, dass sie auf der falschen Seite am Zielschiff vorbei fuhren. Keiner nahm die Regatta so richtig ernst, alle genossen die pure Freude am Segeln und so machte sich weder Fabian noch Mark die Mühe zurückzufahren um in die Wertung zu gelangen.

DEN 1550 kommt gut weg am Pin End…

Der Wind nahm weiter zu auf 5-6 Bft und nach einer kurzen Pause startete das zweite Rennen. Mein Start am Pin-End war perfekt und trotz der zwangsläufig irgendwann folgenden Schweine-Wende lag ich vor dem Feld. Die Herrlichkeit hielt nur kurz, schließlich waren bei den böigen und drehenden Winden ständig Manöver mit dem gewohnten Ausgang für mich erforderlich. Das Feld blieb relativ eng zusammen und nur die eine oder andere Kenterung sorgte für Ausreißer nach hinten.  Auf dem letzten Vorwindgang ins Ziel war es dann doch schon ziemlich wackelig und ich eierte im Sicherheitsmodus über die Ziellinie um bloß nichts kaputt zu machen und umkippen wollte ich irgendwie auch nicht. Bei böigen 6 Windstärken und der Prognose, dass der Druck noch zunehmen sollte, waren alle froh, dass die Wettfahrtleitung uns nach dem zweiten Lauf zurück in den Hafen schickte.

Einen komplikationslosen Rückweg und eine Dusche später war die Front über Palma hinweg und herrlicher Sonnenschein und 18° Luft luden zum Verweilen auf der Club-Terrasse ein. So saßen die Helden zur See frisch gestriegelt in kompletter, internationaler Besetzung am großen Tisch und erzählten sich gegenseitig von ihren Abenteuern. Es war wie immer bei OK-Regatten: Das Ergebnis ist zweitrangig, das gemeinsam Erlebte auf dem Wasser schafft eine enge Verbundenheit untereinander und ich hatte das Gefühl die Truppe schon ewig zu kennen. Alle waren gut gelaunt, hatten den windigen Tag überlebt, das Bier floss in Strömen und eine kaum enden wollende Serie von Tapas erreichte unsere Tafelrunde.

Inzwischen hatte ich einen ordentlichen Glimmer, ein breites Dauergrinsen im Gesicht und war kurz davor einen spanischen Pass zu beantragen um nach Mallorca zu übersiedeln. Nach einem kurzen Zwischenstopp im Clubhaus und weiteren Getränken machte sich eine achtköpfige Kerntruppe auf in das „In-Viertel“ von Palma nach Santa Catalina.
Mario Trindade kommt aus Brasilien, ist J 70 -Weltmeister, lebt und arbeitet in Palma, ist seit einem Jahr begeisterter OK-Segler und einfach ein geiler Typ. Er lotste uns zielsicher in ein ganz kleines, aber fantastisches, mallorquinisches  Restaurant, flirtete ungeniert und heftig mit der Restaurantleiterin, bestellte eine nicht enden wollende Abfolge von Köstlichkeiten für uns alle und sorgte mit Temperament für fantastische Stimmung bei der schon ziemlich angeschickerten OK-Truppe.

Kurzer Zwischenstopp im Clubhaus für Ralf-Mathias, Fabian und Javi

Eigentlich war es jetzt spät genug, wir hatten jedenfalls genug, aber so ein Abend soll gefühlt nie zu Ende gehen. Es ging also weiter in das „Hogan`s“, ein Club ganz in der Nähe. Ein DJ legte auf, seltsamerweise ganz ordentliche Musik und einige der alten Knaben aus unserer Truppe hatten in dieser lauen Winternacht auf Mallorca scheinbar ihren zweiten oder dritten Frühling.  Lustige Sachen sollen da passiert sein, ich kann und will da aber nicht weiter berichten.

Der Sonntag Vormittag startete mit einem Gewitter von Absagen in der mallorquinischen OK-WhatsApp-Gruppe. Ob die ausufernden Feierlichkeiten auch dazu beigetragen haben, wer weiß? Objektiv war an Segeln jedenfalls nicht zu  denken. Der Mistral blies mit mehr als 30 Knoten und die Sonne lachte vom strahlend blauen Himmel. Einige der Feierbiester vom Vortag leisteten mir Gesellschaft auf der schönen Terrasse des RNCP und wir genossen den Blick auf die historischen 12er im Hafen und die Sonne. Mittags konnte ich schon wieder essen und trinken und so verging der Tag wie im Flug bei entspannten Gesprächen mit Ralf-Mathias, Andreas, Javi und Rafa.

Auf dem zweistündigen Rückflug nach Köln hatte ich reichlich Zeit ein Resümee des Wochenendes zu ziehen: Auch wenn wir weniger segeln konnten als erhofft, hatte ich eine richtig tolle Zeit in Palma und das lag zuallererst an der fantastischen OK-Truppe vor Ort. Ich will mehr davon! Jetzt schon gebucht habe ich die Flüge nach Palma im März, um an der BMC-Trophy, dem großen Saisonhöhepunkt teilnehmen zu können.

Am 22. und 23. März findet die Regatta mit internationaler Beteiligung statt und wer Lust hat dabei zu sein, sollte sich schnell mit Fabian Rossbacher in Verbindung setzen um ein Leihschiff zu reservieren. Die An-und Abreise ist kürzer als nach Steinhude und der Flug, rechtzeitig gebucht, kostet nicht mehr als der Sprit fürs Auto.