Bootsmesse / Berlin: 23.11.2011
Viel Zeit zum Nachdenken
von Christian Hartmann 23.11.11
Ich bin spät dran: Wasser, Milch, Zucker, Kaffeepads, Kamera, was zu lesen und zu schreiben, noch schnell Jules Telefonummer ins frisch geladene Mobiltelefon gespeichert – für Notfälle – und ab gehts zum Berliner Messegelände…
Erste Anlaufstelle: Der Info-Stand im kathedralenähnlichen Messeeingang Süd – Ausstellerausweis abholen. An drei bezaubernden Damen, die eben diesen schnell mal einscannen, geht es an gefühlt hundert Hallen mit ebenso gefühlten tausend Motorbratzen vorbei schnellen Schrittes zur Halle 25. Brandenburg, ein Land der Motorbootfahrer? Irgendwo am Rande der Segelboothalle Jules petrolfarbener Joller. Von selbiger mit ausreichend Insiderkenntnissen versorgt, gelingt mir auch der Aufbau der lebensrettenden Kaffeemaschine und die sofortige Zubereitung des Heißgetränks, ohne das dieser Morgen kein schöner wär.
Zwei Minuten nach zwölf gibt es bei den benachbarten O-Jollen die ersten “Frischen Kühlen”, bei mir den mindestens sechsten Kaffee – soweit schon mal wie Zuhause. Und damit die sonst unvermeidliche Langeweile gar nicht erst aufkommt, auch wie Zuhause, ein paar Papiere vor mir auf dem runden Tisch, die ich mir vorgenommen habe zu lesen. Dieser Ort der Ruhe und Tiefenentspannung scheint mir ideal für derlei Aufgaben.
13:00: Die anderen Nachbarn von der Ixylon-Klasse treffen auch ein und wollen gleich mal wissen, was so ein moderner OK-Joller wohl kostet! Mögen sie ihre eigenen Klasse nicht? Später versuchen Jule von den Contendern und icke noch die Unterschiede zwischen Ixylon Family, Ixylon Fun und Ixylon Regatta zu ermitteln, die aber im Gegensatz zu unserer Bootsklasse einsteigerfreundlich auch komplett kommerziell zu erwerben sind. Gut so!
14:00: Die Neugierde treibt mich auf den naheliegenden “Segway” Stand – das sind diese zweirädrigen und dennoch nicht umfallenden Stehroller – auf dem man selbige ausgiebig testen kann. Die in meinen Augen übertriebene Startgebühr von fünf Euro treibt mich jedoch mit sofortiger Wirkung wieder zurück zu “meiner” Kaffeemaschine. Schade eigentlich, scheinen mir diese Gefährte doch das ideale Fortbewegungsmittel für die Regatta der langen Wege. Ob es für die auch einen Anhänger gibt, auf den man einen Kasten Bier stellen kann? Das würde gleich das nächste Problem dort lösen.
15:00: Das Abarbeiten der Dokumente gestaltet sich zäh und noch mehr Kaffee will auch nicht mehr schmecken. Und was fehlte in der Liste der Dinge? Was zu futtern! Leerer Bauch studiert nicht gern. Aber so bleibt mir wenigstens viel Zeit über mein Verhältnis zu unserem “Verein” nachzudenken…
17:00: Endlich mal ein ernsthaftes Fachgespräch über Baumniederholerkonstruktionen, Hebelwirkungen und Bindestrippen. Das war’s dann aber auch schon für diesen Tag mit dem eigentlichen Zweck meiner Anwesenheit hier. Noch mehr Zeit zum Nachdenken …
18:00: Ich pack meine sieben Sachen obgleich ich noch Stunden dort sitzen könnte und mach mich auf den Weg nach Hause. Nachdem ich den Ausweis wieder am Info-Stand abgegeben habe, empfängt mich draußen ein dunkler nasskalter und nebliger Novemberabend, der auch nicht vermag meine miese Stimmung zu vertreiben. Für die Frage Contender oder OK ist nun wohl viele Jahre und noch mehr Kilos zu spät. Wo kann man nochmal so ne schneidige Ixylon kaufen?
ICKE