OK- Tuning Guide von Nick Craig
übersetzt von Thorsten Schmidt 28.07.2019 -alle Bilder im Beitrag: (c) Michael Kurtz
Der 5fache OK-Weltmeister Nick Craig aus England ist inzwischen auch mehrfacher Welt- und Europameister in vielen anderen Jollen-Klassen. Als Autor von Regattasegelbüchern hat er sich auch international einen großen Namen als sachkundiger Ratgeber für erfolgreiche Segelsportler gemacht. Es ist aber kein Geheimnis das Nick auch nach fast 30 Jahren und vielen Erfolgen in andern Klassen sein Herz immer noch an die OK-Jolle verloren hat. Auf der britischen OK-Seite hat Nick ganz aktuell eine neue Trimmanleitung für erfolgreiches OK-Segeln veröffentlicht. Die britische Klassenvereinigung hat seinen Text noch ergänzt um einen Ratgeber zu den auf dem Markt befindlichen unterschiedlichen Rumpfformen. Beides findet ihr als Originaltext hier.
Wir bedanken uns ganz ausdrücklich bei Nick für die Möglichkeit seinen Text in deutscher Übersetzung auf unserer Seite veröffentlichen zu können.
Nick Craig:
Es gibt viele Möglichkeiten, eine OK-Jolle einzustellen und sie schnell zu machen. Das es nicht nur die eine Standardeinstellung gibt ist sicher einer der Gründe, warum die OK ein großartiges Boot ist!
Bei den Weltmeisterschaften in Neuseeland (2019) hatten die Top 20 viele verschiedene Rigg-Einstellungen, Rumpfformen, Masten und Segel-Designs, aber wir fuhren alle mit ziemlich ähnlichen Geschwindigkeiten.
Dieser Trimm-Leitfaden ist also nur ein Vorschlag, – es lohnt sich, mit anderen Seglern zu sprechen, um Ideen auszutauschen und jeder sollte am Ende für sich die Einstellung wählen, die zum persönlichen Segelstil passt.
An Land:
Mastfußposition
Die Position des Mastes sollte so eingestellt werden, dass die OK-Jolle ein wenig luvgierig ist um einen Auftrieb von Schwert und Ruder zu erzeugen. Zu viel Luvgierigkeit bedeutet aber, dass du permanent abfallen musst, also Gegenruder geben musst, um geradeaus segeln zu können. Ein schräg durchs Wasser gezogenes Ruder wirkt natürlich wie eine Bremse. Die Luvgierigkeit solltest du dann testen, wenn das Boot ohne Krängung komplett flach gesegelt wird.
Nach der Vermessung vieler Boote bei der letzten WM in Neuseeland ergibt sich der Eindruck, dass die ideale Mastposition bei 66-68 cm liegt, gemessen vom Bug hin zur Mastvorderseite. Der Mastfall wirkt sich allerdings auch auf Luv/Leegierigkeit aus, sodass sich die ideale Mastposition bei unterschiedlichem Mast-Rake ändert. Meine Mast steht bei 67cm Abstand zur Bugspitze.
Bei den Finns hat es sich gelohnt, die Position des Mastfußes für verschiedene Wind- Wellenverhältnisse zu ändern. In der Vergangenheit habe ich dies ausgiebig auch mit der OK versucht, aber es ergab sich kein merklicher Geschwindigkeitsunterschied. Mittlerweile habe ich diese Versuche aufgegeben-eine Sache weniger um die man sich Sorgen machen muss.
Anmerkung – Die Mastposition kann auch vom Spiegel hin zur Masthinterkante in Deckshöhe gemessen werden. Typische Maße liegen zwischen 3250 und 3270 mm.
Mastfall
Überraschenderweise gibt es bei den OK’s große Unterschiede beim Mast-Rake. Der durchschnittliche Mastfall scheint zwischen 6,05 und 6,20 Meter zu variieren, gemessen vom Großfallschäkel unter der oberen Meßmarke, -wie bei maximal hochgezogenem Segel, hin zur Achterkante am Spiegel. Ich arbeite mit 6,20 Meter bei leichtem und mittlerem Wind wenn ich noch nicht voll hängen muss. Bei mehr Wind lasse ich den Mast auf 6,15 Meter fallen. In Neuseeland war ich schnell bei leichtem Wind, aber nicht wirklich überzeugend bei mehr Wind. Bei 15knots+ werde ich in Zukunft mehr Mastfall ausprobieren. Und härter ausreiten/mehr essen/mehr Bier trinken!
Anmerkung – Weitere Informationen zum Einstellen der Mastposition und des Mastfalls findet ihr im Artikel von Greg Wilcox erschienen im OKDIA-Magazin Mai 2015 (https://okdia.org/features/OK-Magazine-May-2015.pdf).
Wenn du zu wenig Höhe fährst, stell den Mast aufrechter, wenn du nicht schnell genug bist, versuche es mit weniger Mastfall.
Der richtige Mast
Dies ist der kritischste Teil beim Tuning einer OK!
Idealerweise möchtest du einen Mast haben, der ein wenig zu hart ist für dein Gewicht und deine Fitness. Ein leicht zu steifer Mast erzeugt viel Kraft und sorgt für perfekten Vortrieb bei leichtem bis mäßigem Wind. Bei starker Brise allerdings musst du mit solch einem Mast hart arbeiten. Wenn du den Mast bei viel Wind gar nicht mehr halten kannst, oder den Traveller früher als alle anderen fallen lassen musst, solltest du einen weicheren Mast fahren. Der richtige Mast ist für jeden Segler anders.
An der Kreuz:
Großschotzug
Das ist wirklich wichtig. Die OK ist ein sehr raffiniertes und sensibles Boot, ganz im Gegensatz zu den Leuten, die es segeln!
Du kannst deine OK komplett einbremsen oder aber ganz schnell machen, einfach nur mit der Änderung des Schotzugs. Ein paar Klicks auf der Ratsche des Großschotblocks machen den Unterschied. Schau nach ob das Achterliek deines Segels im oberen Bereich einklappt oder gerade nicht. Ich verwende die Windbänsel am Achterliek nicht zur Einstellung, weil sie nicht sensibel genug sind. Die Windbänsel reagieren erst wenn du komplett überzogen hast.
Viele Segel-Stunden in der Jolle sind der beste Weg, ein Gefühl für die korrekte Spannung der Großschot zu bekommen. Optimal ist das Angleichen auf dem Wasser mit zwei Booten. Es gibt dir sofort ein Gefühl dafür, wann du überzogen hast. Wenn du also Höhe fährst, aber an Geschwindigkeit verlierst und sich dein Joller weniger lebendig anfühlt hast du überzogen. Zu wenig gezogen hast du wenn du keine Höhe fährst. Höhe ist aber bei einem langsamen Boot an der Kreuz wie der OK-Jolle wirklich wichtig.
Traveller:
Ich habe eine Position auf der Travellerschiene mit einer Linie markiert bei 270mm gemessen vom Rand des Seitendecks. Diese Linie ist meine Grundeinstellung. Den Travellerschlitten stelle ich bei den meisten Bedingungen so ein das er gerade noch mit dem inneren Ende diese Linie berührt. Bei leichtem Wind, wenn ich noch nicht hängen kann, ziehe ich den Traveller etwas dichter, ungefähr so dass sich die Linie in der Mitte des Travellerschlittens befindet. Von dieser Grundeinstellung weiche auch bei mehr Wind erst sehr spät ab. Das weitere Fieren des Travellers nach Lee ist für mich die letzte Möglichkeit bei Überdruck zu reagieren, da dies zu einem sofortigen Höhenverlust führt und nur zu einem geringen Geschwindigkeitsgewinn. Bevor ich den Traveller noch weiter fallen lasse, kneife ich bei flachem Wasser lieber Höhe und bei Welle ziehe ich den Cunningham um das Segel im oberen Bereich zu öffnen.
Outhaul
Der Unterliekstrecker kontrolliert den Bauch im unteren Drittel des Segels und die Form des unteren Achterlieks. Bei sehr leichtem Wind reicht die Strömung nicht aus für die große Kurve in einem bauchigen Segel. So fahre ich den Unterliekstrecker ziemlich dicht und mache das Segel flach. Bei einem zu vollen Segel würde sonst die Strömung zu früh abreißen. Bei mäßigem Wind fahre ich den größten Bauch im Segel um mehr Kraft zu erzeugen und frühes Ausreiten zu ermöglichen. Bei mehr Wind trimme ich das Segel wieder flacher und verringere damit die Windkraft bei Überlastbedingungen. Mit dem Auffieren des Unterliekstreckers erhöhe ich aber auch die Achterliekspannung im unteren Bereich. Daher benutze ich den Outhaul mehr bei Welle und weniger bei flachem Wasser.
Inhaul
Der Inhaul verändert die Tiefe im unteren Drittel deines Segels. Mehr Zug bewegt den Bauch im Segel nach vorne, was gut ist, wenn du bei Welle eher tief und schnell segeln willst. Bei leichtem Wind reicht die Strömung allerdings nicht aus für ein tiefes Segel mit vorne liegendem Bauch. Benutze also bei leichten Bedingungen nur wenig Inhaul um die Anströmung des Segels im vorderen Bereich zu verbessern. Wenn es windiger ist, verlagert sich der Bauch im Segelprofil automatisch nach achtern. Hier solltest du mehr Inhaul ziehen um dies zu kompensieren und ein schönes Tragflächenprofil auch bei mehr Wind zu erhalten.
Cunningham
Den Cunningham benutze ich in der OK-Jolle viel später als in jedem anderen Boot das ich segle, weil die Höhe in der OK-Jolle so entscheidend ist für Performance an der Kreuz. Die Geschwindigkeitsgewinne, die ich durch ein tieferes Segeln auf dem Am Wind-Kurs erreiche sind einfach zu gering.
Der Cunningham öffnet das Achterliek im oberen Bereich, was zu einem Höhenverlust führt. Allerdings ist der Cunningham dein bester Freund, wenn es sehr windig ist. Wenn du den Cunningham kräftig ziehst wird die Mastspitze gebeugt und du kannst an der Stelle an der es am effektivsten ist, nämlich ganz oben am Mast, den Überdruck herauslassen. Wenn du den Cunningham bei Sturm richtig einsetzt, kannst du unter solchen Bedingungen sogar mit einem eigentlich zu harten Mast davonkommen.
Schwerteinstellung
An der Kreuz lässt du das immer Schwert unten. Einzige Ausnahme ist, wenn du Überhöhe hast und zur Tonne herunter segeln musst. Der Versuch in solchen Situationen tiefer zu segeln ohne das Schwert hochzuholen oder einen spitzen Halbwind zu segeln ohne am Schwert zu ziehen wird immer bestraft, es ist sehr langsam.
In vielen Bootsklassen zahlt es sich aus, bei Überdruckbedingungen ein wenig das Schwert zu liften um den Wasserwiderstand zu verringern. Zudem verändert sich der seitliche Widerstand und der Lateralschwerpunkt (Druck- und Drehpunkte). Aber ich habe das in der OK noch nicht versucht.
Ausreitgurte
Vielleicht ist es überraschend über Ausreitgurte in einer Tuning-Anleitung zu lesen. Ich denke aber, verstellbare Gurte sind auf einer OK-Jolle sehr wichtig. Bei leichtem Wind stellst du die Gurte sehr eng ein damit du deine Füße fest im Schiff verriegeln kannst und auch bei diesen Nicht-Hänge-Bedingungen das Boot besser spürst.
Obwohl es für die Oberschenkelmuskulatur anstrengender ist, sind bei der idealen Hängeposition deine Beine im Kniegelenk ziemlich gerade. Du knickst in der Hüft ab und segelst mit aufrechtem Oberkörper. Das gibt dir die beste Möglichkeit bei Böen schnell durch weiteres Hinauslegen mit dem Oberkörper zu reagieren. Wenn die Knie gebeugt sind und du insgesamt tiefer hängst, fällt es dir bei Böen schwerer zu reagieren und auch bei Windpausen dauert es länger deine Position zu ändern.
Eng eingestellte Ausreitgurte ermöglichen bei leichtem Wind das Hängen mit geraden Beinen und einen aufrechten Oberkörper. Bei mehr Wind stelle ich die Ausreitgurte weiter um den Körper weiter nach außen zu bringen. Ich habe die für mich maximal mögliche Länge der Ausreitgurte mit einem Knoten gesichert, sodass ich nicht aus Bequemlichkeit zu wenig hänge aber auch nicht zu weit herauskomme und ermüde oder sogar aus dem Boot falle.
Auf dem Vorwindkurs:
Schwerteinstellung
Das Schwert solltest du soweit hochholen, dass das Boot nahe daran ist zu rollen. Wenn du das Schwert weiter aufholen würdest, kannst du nicht mehr sauber steuern. Das ist aber mit der OK auf dem Vorwindkurs von entscheidender Bedeutung. Zudem kostet ein zu starkes Rollen im Boot kinetische Energie und macht dich langsamer. Allerdings erhöht ein zu weit abgefiertes Schwert den Wasserwiderstand. Wenn du mit Übung das Boot besser im Gleichgewicht halten kannst, wird es dir allmählich möglich sein das Schwert mehr hoch zu holen und so schneller zu fahren. Im Training solltest du ausprobieren wie weit du das Schwert aus dem Wasser holen kannst ohne deine Balance zu verlieren. Wenn du dabei nicht ab und zu kenterst, trainierst du nicht hart genug.
Niederholer
Den Kicker solltest du so einstellen, dass sich das Achterliek permanent mal öffnet und mal schließt. Wenn das Achterliek immer offen ist, zieh mehr am Niederholer. Wenn das Achterliek immer statisch geschlossen ist, fahr mit weniger Niederholer.
Inhaul
Ich öffne auf dem Vorwindkurs zuerst den Inhaul, bevor ich den Unterliekstrecker löse. Das sorgt dafür das das Segel sich am Baum entlang insgesamt mehr nach hinten schiebt, was dazu führt, dass der Segelschwerpunkt ein wenig höher liegt. Weiter oben ist mehr Wind weil der Wind an der Wasseroberfläche von den Wellen gebremst wird. Diesen kleinen Vorteil habe ich während meiner drei Jahre im Finn kennengelernt.
Unterliekstrecker
Wenn du den Inhaul bereits gelöst hast ist das untere Drittel des Segels bereits voller. Meist musst du aber auch den Unterliekstrecker etwas lösen um ein ausreichend volles Segel zu erhalten. Natürlich sollte nicht zu viel Bauch entstehen, da sonst das Segel eher einer Plastiktüte im Wind ähnelt und nicht einem optimalen Flügelprofil.
Cunningham
Der Cunningham sollte auf dem Vorwindkurs vollständig gelöst werden um den Mast nicht zu biegen und seine maximale Leistung ausschöpfen zu können. Löse den Cunningham ruhig schon kurz vor der Lutonne, damit das Segel beim plötzlichen Auffieren auf dem Vorwindkurs nicht beschädigt wird. Bei spitzen Raumgängen und viel Wind kannst du allerdings mit dem Cunningham Überdruck aus dem Segel nehmen.
Großschot
Die OK-Jolle ist schnell, wenn sie im Einklang mit Wind und Wellen und viel Gefühl gesteuert wird. Bei all der Aufmerksamkeit die normalerweise dem Steuern auf dem Vorwindkurs entgegen gebracht wird, vergiss nicht auch mit dem Segel zu arbeiten und permanent die Großschot nach zu justieren. Klemm auf dem Vorwindgang niemals die Großschot ein.
Steuern
Die notwendigen Richtungsänderungen auf diesem Kurs solltest du idealerweise mit Körperbewegungen und Gewichtsverlagerungen unterstützen. Das Steuern mit dem Ruderblatt kostet Geschwindigkeit, während das Lenken des Bootes mit Gewichtsverlagerung in gewissem Rahmen legitim ist und ordnungsgemäßes Segeln gemäß Regel 42 darstellen kann. Jede Jury interpretiert diesen höchst subjektiven Bereich jedoch unterschiedlich. Beachte daher, dass die Interpretation, welche Körperbewegung unter verschiedenen Bedingungen zulässig ist, von Woche zu Woche anders eingeschätzt werden kann.
Zusammenfassung
Auf den ersten Blick ist die OK-Jolle ein einfaches Boot mit einem Segel und einem Ruder. Aber es steckt noch so viel mehr dahinter. Ich denke, das ist der Grund, warum ich nach 28 Jahren in der Klasse immer noch das OK-Segeln liebe!
Nick Craig