Interview mit Sebastian Kaule aus Rostock
von OK-Presse 04.01.2020
Nach Fabian und Moritz, zwei jugendlichen Einsteigern in die OK-Klasse und Volker, der schon viel Segel- und Lebenserfahrung mitbringt haben wir im vierten Teil unserer kleinen Winterserie den 32jährigen Ex-Finnsegler Sebastian Kaule aus Rostock befragt zu seinem Weg in die OK-Jolle.
Hallo Sebastian, Glückwunsch nochmal zum 4. Platz bei der IDM in Steinhude. Der Umstieg in die OK scheint dir ja wirklich leicht zu fallen.
Oh, vielen Dank, aber ich hatte an vielen Stellen in dieser Regattaserie ziemlich Glück und am Ende hat mir diese Regatta und auch das ganze Drumherum richtig Spaß gemacht. Ich habe selbst nicht damit gerechnet bei meiner ersten OK-Regatta so gut abzuschneiden. Aber ich hatte optimales Material von André Budzien unter dem Hintern, jede Menge gut gemeinte Tipps im Kopf , einige Trainingsstunden auf der Uhr und eben auch ein wenig Glück bei den stark wechselnden Bedingungen in Steinhude.
Du bist letztes Jahr noch Finn gesegelt, warum hast du jetzt den Umstieg in die OK-Klasse gewagt?
Ich bin seit Kindheitstagen mit Jan und Ulli Kurfeld befreundet und die beiden haben mir ständig von der OK-Jolle vorgeschwärmt, da wollte ich das unbedingt auch ausprobieren. Außerdem bot sich jetzt zur IDM die Gelegenheit eine OK-Jolle von André zu nutzen.
Erzähl mal was zu deiner bisherigen Segel-Laufbahn, schließlich bist du ja früher ziemlich ambitioniert im Hochleistungsbereich gesegelt.
Wie schon erwähnt, Jan und Ulli Kurfeld sind seit den Kinder- und Jugendtagen gute Freunde und Segelkumpel. Als Jugendliche sind wir gemeinsam 2001 im Laser-Landeskader gewesen. 2005 bin ich mit Jan dann in den Finn gestiegen und wir haben erst mal ordentlich den Altersdurchschnitt in der Klasse gesenkt. Ziel für uns beide war Olympia, wobei Jan immer deutlich erfolgreicher war als ich. Wir waren gemeinsam im „Finnteam Germany“ und wurden sehr gut unterstützt/gesponsort von André mit seiner Firma „Finnsailing“. Wir konnten dort wirklich unter professionellen Bedingungen trainieren. Die Erfolge stellten sich dann auch schnell ein. Jan wurde 2007 Deutscher Meister, ich wurde 5. Bei der Junioren-WM im gleichen Jahr wurde Jan Weltmeister, ich war 12. Auch 2008 gewann Jan einen großen Titel, diesmal die Junioren-Euro während ich 8. oder 9. war.
Jan war immer ein wenig besser als ich und da ich wusste, es gibt nur einen Startplatz bei Olympia habe ich 2009 dann aufgehört zu segeln und mich lieber um meine berufliche Zukunft gekümmert.
Wie,-du hast von Hundert-Prozent-Vollzeit die Segelei auf null heruntergefahren?
Naja, ein Jahr habe ich noch Studium und Segeln parallel versucht, habe aber schnell gemerkt das ich weder dem Leistungssport noch dem Studium gerecht werden konnte. Bis Ende 2013 habe ich dann studiert und im Anschluss an meiner Promotion gearbeitet, aber ich bin in dieser Zeit gar nicht mehr gesegelt.
Und jetzt hast du für dich entschieden OK-Jolle zu segeln?
Ich bin jetzt in einer anderen Lebensphase, lebe und arbeite in Rostock und habe sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg entdeckt, das es neben dem Hochleistungssport auch noch eine andere Art Regattasegeln gibt. Das passt alles besser zu meiner jetzigen Lebenssituation und macht mir sehr viel Spaß. Vorletztes Jahr bin ich mit einem von André Budzien gecharterten Finn sozusagen als Segel-Wiedereinstieg die IDM am Bodensee mit gesegelt.
Aber wie schon gesagt, -Jan und Uli aber auch André haben mir keine Ruhe gelassen mit der OK-Schwärmerei und so habe ich das dann auch mal ausprobiert.
Nach der OK-IDM in Steinhude war ich wirklich restlos begeistert von dem Boot, aber vor allem auch von der OK-Klasse. Da sich die Gelegenheit geboten hat eine relativ neue Jolle von André zu kaufen habe ich zugeschlagen und bin jetzt also glücklicher Besitzer einer eigenen OK. An dieser Stelle muss ich mich nochmal ausdrücklich bei André Budzien bedanken für all die Unterstützung und Hilfe in meiner Segelkariere. André brennt für den Segelsport, unterstützt viele Nachwuchstalente, promotet erfolgreich die Finns und seit einigen Jahren ja auch die OK-Klasse und ist dabei immer großzügig und fair gewesen, auch jetzt aktuell bei meinem Einstieg in die OK.
Was ist aus deiner Sicht der größte Unterschied zum Finn?
Die Art zu segeln ist ähnlich, beides Klassen mit geringen Bootsgeschwindigkeitsunterschieden und dadurch sehr taktisch geprägtes Segeln. Obwohl ich lange nicht mehr auf einer Jolle gesessen bin fiel mir jetzt der Umstieg leicht. Zunächst hatte ich Sorge bei 185cm und etwa 100kg etwas zu schwer zu sein, aber das ist mit passendem Mast überhaupt kein Problem.
Die OK-Jolle ist allerdings deutlich lebhafter als der Finn und reagiert sensibler auf Gewichtsverlagerungen. Die OK muss insgesamt aufmerksamer und exakter gesteuert werden und ist deutlich agiler als der große Bruder. Obwohl die OK langsamer ist als der Finn fühlt sich das Boot dynamischer an. Glücklicherweise ist das Segeln mit der OK viel weniger kraftraubend als im Finn. Auch als nicht professionell trainierter Segler hast du eine Chance bei viel Wind mitzuhalten. Im Finn ist bei mehr Wind der Sieg nur mit physischer Höchstleistung zu bekommen und es geht alles nur noch über Kraft und Kondition.
Wie hast du die Leute in der OK-Klasse bei deiner ersten IDM wahrgenommen?
Erst mal ist der Altersdurchschnitt doch jünger als bei den Finns. Ich bin sehr herzlich willkommen geheißen worden, alle waren offen und interessiert und ich habe mich als „Neuer“ unter den 80 Startern sofort sehr wohlgefühlt. Man spürt das hier der Spaß am Regattasegeln im Vordergrund steht, es geht nicht so verbissen zu, weil keiner, -anders als bei den Olympioniken, seinen Lebensunterhalt mit dem Segeln bestreiten muss. Gemeinsam um die Wette segeln und danach gemeinsam an Land bei Bier und Bratwurst weiter Spaß haben -das hat mir richtig gut gefallen.
Dabei ist das seglerische Niveau in der Klasse aus meiner Sicht schon sehr hoch. Es geht zwar nur um die „Ehre“ aber gesegelt wird sehr leistungsorientiert. Das bei einer IDM wie jetzt in Steinhude die ersten 15 innerhalb weniger Meter ins Ziel kommen hat mich überrascht und zeigt auch die Leistungsdichte in der Klasse.
Wie beeinflusst das olympische Aus der Finn-Klasse die Zukunft auch der OK-Klasse?
Dass das olympische Ende für den Finn eine Tragödie ist brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Art und Weise in Finn und OK zu segeln, nämlich körperbetont sportlich, taktisch geprägt bei geringen Geschwindigkeitsunterschieden wird offensichtlich von einigen als altmodisch empfunden. Vielleicht ist das auch so in Zeiten von Skiffs und Foilern. Dennoch hat unsere Art zu segeln aus meiner Sicht ihre Daseinsberechtigung und mir persönlich macht es mehr Spaß taktisch zu segeln und nicht nur gewinnen zu können weil ich das beste Bootshandling habe. Egal wie es für die Finns weitergeht, die OK-Klasse ist aus meiner Sicht gut aufgestellt. Es gibt eine funktionierende Klassenvereinigung, einen spannenden internationalen Regattakalender, einen guten Internetauftritt der Klasse und das Boot macht einfach Spaß.
Herausragend finde ich das Preis/Leistungsverhältnis der OK. Die Rümpfe sind langlebig, die Masten ausgereift und der bewusste Verzicht auf laminierte Segel ist klug. Nagelneue Schiffe sind im Vergleich mit anderen Klassen günstig zu haben für 10-12000€. Die Zahl der Umsteiger aus der Finn-Klasse in den letzten Jahren spricht da ja auch eine deutliche Sprache.
Wie sieht deine Saisonplanung 2020 aus?
Obwohl wir alle seit einigen Jahren in Rostock leben und arbeiten haben Jan, Ulli und ich uns vorgenommen im nächsten Jahr in Wismar zu trainieren, in unserer alten seglerischen Heimat. Sicher werde ich nicht dreimal in der Woche die 70km hin und herfahren aber an den Wochenenden und besonders intensiv vor den Saisonhöhepunkten, der EM in Dänemark und der WM in Schweden werden wir häufiger dort trainieren. Die großen Regatten bei der Kieler- und Warnemünder Woche und der IDM habe ich ebenfalls in der Planung. Es wird meine erste richtige Saison in der OK und ich freue mich schon drauf.
Lieber Sebastian, gutes neues Jahr und vielen Dank für das Gespräch.