Klütte Cup 2004

Kölsche Narreteien

von Christian Hartmann 01.04.2004

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ankunft am see

„Was mach ich hier eigentlich?“ So oder ähnlich waren meine Gedanken, als der Tripp nach Köln und zum Liplarer See am Donnerstag Nachmittag seinen Anfang nahm. Als wäre es nicht genug, dass die Temperaturen in einem für Ende März rekordverdächtigen Tief steckten – obendrein verwöhnte mich das Wetter beim Auto Packen in Berlin mit dichtem Schneetreiben. Trotz dieser Abschreckung machte ich mich schliesslich aber doch auf den Weg und mit jedem Kilometer weiter nach Westen wurde das Wetter ein bisschen freundlicher – das ließ doch hoffen.

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dat wird nix mehr

Es wurde Freitag – ich hatte noch ein paar Sachen im Westen zu erledigen – aber das Wetter schien von Temperaturen deutlich oberhalb des Gefrierpunktes immer noch nichts zu halten. Samstag morgen dann endlich auf dem Weg nach Köln – uups, erstmal Karte rauskramen … wo ist DAS denn? – immer noch ars…kalt, aber dafür schien die Sonne von einem strahlend blauen Himmel herab – na immerhin! Aber schon zeichnete sich neues Ungemach ab: Keine Puseratze Wind weit und breit zu erspähen. Und genauso präsentierte sich dann auch ein paar Stunden später das Liplarer Seechen, das tatsächlich ohne genaue Anfahrtsbeschreibung praktisch unauffindbar ist. Die nächste Überraschung: Es fanden sich vor Ort noch weitere irregeleitete OK Segler, die bei diesen Temparaturen unbedingt auf’s Wasser gehen zu müssen meinten. Eine überzeugende Begründung habe ich dafür das Wochenende über nicht gehört.

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kölsche spezialitäten

Die erste Bewährungsprobe – das Boot das erste Mal in diesem Jahr fehlerfrei aufzubauen – gelang mit Mühe und auch alle Segelklamotten fanden sich im Auto noch an. Wer hätte das gedacht!? Aber der Anblick des Sees hatte sich in der Zwischenzeit auch nicht entscheidend verändert und der mit den Bedingungen vertraute Christian H. aus E-L. traute ihm auch nichts mehr zu – O-Ton: „Dat wird nix mehr“. Und so war’s dann auch. Die obligatorische Brise 10 Sekunden nach dem Abschuss kam zwar, aber auch sie war nur von kurzer Dauer. Also blieb nichts weiter, als zum gemütlichen Teil der Veranstaltung überzugehen.
Der fand nicht – wie erwartet – im erhofften niegelnagelneuen Clubhaus statt – das hatte es irgendwie doch nicht rechtzeitig mit der Fertigstellung geschafft – sondern in der traditionsreichen Kneipe „zum Schwan“ (oder so ähnlich … irgendein ein Vogel jedenfalls) statt. Als weit gereister Fremder will ja man nicht zurückstehen und folgt willig den Traditionen und fängt fleissig mit der Vernichtung Kölscher Spezialitäten an. Ich denke, der Herrgott hat dem Kölner 10 Finger gegeben, damit er die Bierchen – hier passt der Begriff mal! – daran abzählen kann und es dabei bewenden lässt. Ich für meinen Teil habe das beinahe geschafft, was aber dank des vorzüglichen rheinischen Sauerbratens (mit Rosinen!) auch kein Problem darstellte.

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schon frühling, oder was?

Die Nacht durfte ich im heimiligen warmen Wohnzimmer des oben schon erwähnten Organisators verbringen, das ich meinem eiskalten Auto ohne zu Zögern vorzog. So schlummerte ich friedlich und schnell ein und freute mich auf ein paar Stunden Schlaf. Das taten auch andere (sich freuen), kamen aber nicht so schnell dazu. Eine vierköpfige Truppe Unentwegter wagte den Fussmarsch von der Kneipe zum See auch im Dunkeln und schaffte es bis kurz vor’s Ziel, als Dreien von Ihnen ganz fürchterlich die Blase drückte und für einen kurzen Moment im Wald verschwanden. Als sie wieder auf dem rechten Weg wahren, vermissten sie den sie begleitenden Jürgen D. aus K., der einfach nicht mehr aufzufinden war. Ihre Rufe in die Dunkelheit der Nacht blieben unbeantwortet und auch sein Automobil, in dem er üblicherweise zu nächtigen pflegt, fand sich verschlossen vor. Was war geschehen? Wo war Jürgen D.? Seine treuen Freunde vermuteten das Schlimmste! Womöglich war er im Wald bei eisiger Kälte umgefallen und eingeschlafen. Zweifelsfrei eine lebensbedrohende Situation. So starteten sie denn eine aufwendige Suchaktion zu Fuß und schliesslich auch mit einem Automobil. Selbst die Benachrichtigung der örtlichen Gesetzeshüter zogen sie in Betracht. Aber alles Suchen blieb erfolglos.

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frühstück

Von den dramatischen Ereignissen der Nacht nichts ahnend wurde ich kurz nach sechs aus den eh nich so spannenden Träumen gerissen – und das nur, um festzustellen, dass sich an der allgemeinen Wetterlage nichts geändert hat. Immer noch eisekalt, so kalt, dass die Scheiben des Automobil, welches uns zum See bringen sollte, erstmal frei gekratzt werden musste. Auf dem Weg dorthin noch schnell Thorsten S. aus K. geweckt, der schlauerweise die Nacht direkt neben der Kneipe in seinem Wohnmobil verbracht hatte und einen Teil der selbigen keinen Schlaf gefunden hat, weil ihn der Kampf mit der Standheizung zu sehr beschäftigt hat.

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preis-träger

Der See bot uns im Vergleich mit dem Vortag einen noch kläglicheren Anblick, aber dafür war es ja auch angenehm bitterkalt. So bauten wir das Frühstück für alle des phychologischen Effektes wegen im statt vor dem Schuppen auf. Heisser Kaffee war über Stunden das meistgefragte Lebensmittel. Und so wie der Samstag endete schliesslich auch der Sonntag – mit einem Abbruch der Veranstaltung. Den Preis trug Jens B. nach Hause, nächstes Jahr soll die Regatta später stattfinden und auch das vielversprechende Clubhaus fertig sein. Und so machte ich mich schliesslich irgendwann auf den langen aber geruhsamen Heimweg.
Ach Ja! Jürgen D. aus K. fand sich morgens friedlich schlummernd in seinem Automobil und konnte sich den ganzen Wirbel um seine Person gar nicht erklären. Die ganze Wahrheit wird wohl nie ans Tageslicht kommen.

Christian H. aus B.