Erfolgreiches Hineinschnuppern mit dem Charterboot
von Stefan Hoffmann 18.11.2023
Es ist Sonntag Abend, es schüttet wie aus Eimern und wir quälen uns seit einigen Stunden im Stockdunkeln durch die Baustellen auf der A9 auf dem Rückweg von der Havel nach München. Mitten in die lebhafte Diskussion über Härte von Masten, Tiefe von Segeln und Elastizität von Ruderblättern klingelt Murks Telefon über die Freisprecheinrichtung und Thorsten ist in der Leitung. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen hat er irgendwo schon alle Geschichten vom Regattawochenende erfahren und stichelt in die ein oder andere kleine Wunde. Sind da doch noch Abhör-Wanzen im Deutsch-Britischen Yachtclub installiert? Auf jeden Fall gratuliert er mir noch zum dritten Platz und ich höre schon in seiner Stimme, dass da noch eine Falle auf mich lauert. Wer Dritter wird muss den Bericht schreiben!
Dann also ein kleiner Bericht:
Samstag 10:00Uhr, zum zweiten Mal nach Paderborn baue ich die GER 30 von der Klassenvereinigung auf, die mir Ossi freundlicherweise auf dem Doppelhänger mitgebracht hat. Ich hole den Mast aus der Hülle, fummele die Palme in den wirklich sehr flachen Mastfuß der Ovington-OK, geh die Strecker durch, will den Baum anschrauben und schaue blöd aus der Wäsche. Kein Bolzen da! Ich hatte das Boot als Letzter benutzt und habe es wohl irgendwie geschafft das Ding beim Zusammenpacken in Paderborn zu verschmeißen. Jetzt kann man sich aber zwei Dingen in der OK Klasse sehr gewiss sein. Als erstes verbreiten sich alle Dummheiten in rasender Geschwindigkeit durch das gesamte Feld und werden mit ausreichend Hohn und Spott versehen und zweitens kann man sich auf die absolute Hilfsbereitschaft verlassen. Nach zwei Minuten kommt Greg mit einem richtig edlen Edelstahl-Drehteil aus seinem Bus zurück und rettet mir das Wochenende.
Auf dem Wasser erwarten uns ca. 4-5 Bft. und relativ kurze Trapezkurse. Gleich beim ersten Start wird klar, Pawel mit seiner POL 14 ist bei den Bedingungen der Schnellste. Souverän gewinnt er alle drei Rennen des Tages mit ungefährdeten Start-Ziel-Siegen. Ich erkenne das erste Mal einen gewissen Fortschritt bei mir und habe das Gefühl da ungefähr mitfahren zu können. Greg, Ossi und ich machen an dem Tag die Plätze 2-4 abwechselnd unter uns aus. Ich schaffe es zwar mehrmals in den Rennen Greg zu überholen aber hier mal zu viel Überhöhe, oder da mal einen Raumgang zu tief angesetzt und am Ende geht er jedes Mal eine Länge vor mir über die Linie, ein richtig abgebrühter und cleverer Regattasegler. Ansonsten dürfen natürlich die Stunts von Murks (Pinnenausleger abgerissen in voller Hängeposition auf der Kreuz) und Deubel mit seiner neuen Strandberg (Verlust des Ruders in der Kenterung) nicht unerwähnt bleiben. Ich bin zwar nicht ganz glücklich mit der Konstruktion des Hängedecks bei der Ovington und komme nicht ganz so weit raus beim Hängen wie ich es gerne würde, aber der Kahn fährt, da kannst nix sagen. Der Abend verläuft gewohnt gesellig wie es in der OK Klasse wohl angenehmer Weise die Regel zu sein scheint und die Geschichten werden bis zum Verlust der Stimme immer besser. Ich habe das Gefühl da sehr schnell aufgenommen worden zu sein.
Der zweite Tag bietet weniger Wind mit nur gelegentlichen Hängebedingungen auf einem schmaleren Stück der Havel. Das ist auf jeden Fall ganz klar eine Sache für Greg und er gewinnt beide Rennen des Tages. Pawel ist allerdings souverän genug, um sich mit zwei zweiten Plätzen den Sieg zu sichern. Für mich kommt die erste Chance auch mal eine Wettfahrt zu gewinnen im letzten Rennen. Schon auf dem ersten Vorwind komme ich parallel zu Greg an und auf der letzten Kreuz kann ich unter ihm rausziehen auf einem langen Steuerbordschlag bis mir plötzlich das Grossfall anfängt durchzurutschen. Erst sind es nur ein paar cm, dann fällt das Segel aber richtig deutlich. Es hilft alles nichts, Segel auf, vorklettern und wieder hochziehen. Das reicht aus damit Greg weg ist und ich auch noch den zweiten Platz einbüße. Ich habe noch die Worte von Murks im Kopf, sichere dein Fall immer zusätzlich mit einem Knoten und vertraue nicht der Klemme! In der Summe reicht es dann aber doch für meinen ersten Podiumsplatz in der zweiten OK Regatta, da kann man auch mal mit zufrieden sein.
Wenn ihr mal was richtig Spektakuläres sehen wollt, müsst ihr euch mal anschauen, wie überfordert so ein ehemaliger Lasersegler wie ich beim Segelbergen und Anlegen mit einem richtigen Boot ist. Da gibt es schon was zu schauen für den Rest des Feldes.
Damit ist mein Projekt des ersten Hineinschnupperns in die OK Klasse mit dem Charterboot auf jeden Fall schon mal erfolgreich verlaufen und ich bin voll angefixt. Die Pläne für nächste Saison stehen schon und wenn es mit dem KV Boot für die erste Saisonhälfte klappt sehen wir uns auf dem Gardasee, beim Spring Cup oder bei der KiWo auf jeden Fall wieder.
Ich wünsche allen OK-Seglern und Seglerinnen eine möglichst kurze Winterpause mit Zeit zum Fitnesstraining und der ein- oder anderen Optimierung am Material. Bis bald auf der Bahn,
Stefan
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